„Ein neues Gleichgewicht in unserer Beziehung zur Meeresumwelt“ fordert UNO-Generalsekretär António Guterres zum heutigen „World Oceans Day“. Während der BUND in diesem Kontext von der Bundesregierung „eine Wende in der Meerespolitik“ verlangt, weil „Meeresnatur- und Klimaschutz … untrennbar“ seien, stellt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) den Klimaschutz an letzte Stelle weit hinter die Auflistung wirtschaftlicher Nutzungen.
Für Guterres ist die Sache klar: Die Zeit sei reif, es bräuchte dringend „kollektive Maßnahmen zur Wiederbelebung der Ozeane“, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung und des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Ein notwendiger Appell, auch wenn der UNO bedauerlicherweise weiterhin die Macht fehlt, entsprechende Umsetzungen tatsächlich zu erzwingen. Auf nationaler Ebene betonte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) einmal mehr den „enormen Beitrag“, den „intakte marine Ökosysteme … zum natürlichen Klimaschutz“ leisteten: „Das Meer nimmt über ein Viertel der menschengemachten CO2-Emissionen auf und ist die größte Kohlenstoffsenke der Welt.“
Meeresnatur- und Klimaschutz würden immer mehr gegeneinander ausgespielt, kritisiert der BUND und verweist als aktuelles Beispiel auf die massiven Ausbaupläne der Bundesregierung für erneuerbare Energien auf See: „Diese Vorhaben verstärken die Flächenkonkurrenz und den Nutzungsdruck auf das Meer. Gleichzeitig drohen beschleunigte Genehmigungsverfahren und eine Öffnung vorhandener Schutzgebiete den Meeresnaturschutz zu unterwandern.“ Effektiver Schutz klimarelevanter Lebensräume und Meereslebewesen „besteht – wenn überhaupt – oftmals nur auf dem Papier“, bilanziert der BUND bisherige Erfahrungen.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Karin Kammann-Klippstein, erkennt zwar an, dass die Meere „eine unverzichtbare Grundlage des Lebens“ seien, ihre Gewichtung aber lässt aufhorchen: „Sie sind Nahrungsquelle, Wirtschaftsraum, Verkehrsinfrastruktur, Erholungsraum und wesentlicher Garant für ein gesundes Klima.“ So steht’s in einer aktuellen BSH-Erklärung zum heutigen „World Oceans Day“: Klimaschutz an letzter Stelle weit hinter wirtschaftlicher Nutzung?
Auch wenn die Chefin der obersten Behörde für alle Fragen der Meeresnutzung dabei die Notwendigkeit einer „engeren Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Bereiche zum Schutz der Meere“ betont, gibt ihre Definition doch auch ziemlich offen wieder, wie das zu verstehen ist: Vorrang haben die ökonomischen Interessen, die Nutzung und Ausbeutung von Meeren und Küsten durch Fischerei, Schifffahrt, Energiewirtschaft oder Tourismus. Der Schutz der Meeresumwelt – einst definierte ihn eine Umweltministerin namens Angela Merkel als „Wert an sich“ – spielt darin irgendwie nur eine nachgeordnete Rolle. Vielmehr definiert Kammann-Klippstein die geforderte Zusammenarbeit als eine „zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, der Politik und jedem Einzelnen, der mit seinem Verhalten und seinen Produktentscheidungen einen maßgeblichen Einfluss auf Zustand und mögliche Regenerierung der Meere hat“ und plädiert für die „Entwicklung neuer Konzepte und Technologien zu einer immer nachhaltigeren Nutzung der Meere“.
Es gibt im Umwelt- und Klimaschutz wohl keinen missbrauchteren und entstellter benutzen Begriff als „Nachhaltigkeit“…