Neuer Anlauf für Tiefseebergbau-Moratorium

Anläss­lich der momen­tan lau­fen­den 27. Tagung der Inter­na­tio­nal Seabed Aut­ho­ri­ty (ISA) im jamai­ka­ni­schen King­s­ton for­dert eine inter­na­tio­na­le Peti­ti­on ein sofor­ti­ges Mora­to­ri­um für den kom­mer­zi­el­len Tief­see­berg­bau. Initia­tor die­ser unter der Paro­le „Defend the Deep“ lau­fen­den Akti­on ist die auf allen Kon­ti­nen­ten ver­tre­te­ne Mee­res­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on „Deep Sea Con­ser­va­ti­on Coali­ti­on“. Weit mehr als 60.000 Unter­schrif­ten wur­den schon gesam­melt – 100.000 min­des­tens sind das Ziel. 

Kom­mer­zi­el­ler Tief­see­berg­bau in inter­na­tio­na­len Gewäs­sern war noch nie erlaubt, mah­nen die Initia­to­ren, „aber nächs­tes Jahr könn­te sich das ändern“. Die ISA, die laut See­rechts­über­ein­kom­men UNCLOS eigent­lich für den Schutz des Mee­res­bo­dens und der Tief­see zustän­dig sein soll, aber schon seit lan­gem unter mas­si­vem Lob­by­is­ten­druck steht, hat dem Auf­ruf zufol­ge in den ver­gan­ge­nen Jah­ren schon 31 Lizen­zen erteilt, „die es Unter­neh­men ermög­li­chen wür­den, bereits ab Mit­te 2023 in der Tief­see wert­vol­le Metal­le abzu­bau­en – und dabei irrever­si­ble Schä­den für den Pla­ne­ten zu ris­kie­ren“. Unbe­rühr­te Öko­sys­te­me könn­ten unwie­der­bring­lich zer­stört wer­den, Geräusch­pe­gel „meh­re­re hun­dert Mal lau­ter als der Start einer Welt­raum­ra­ke­te“ könn­ten Rif­fe ver­nich­ten, geo­gra­fi­sche Topo­gra­fien ver­än­dern und hoch­sen­si­ble, weit­ge­hend uner­forsch­te Arten ausrotten.

Jahr­zehn­te­lang haben Groß­kon­zer­ne Flüs­se ver­gif­tet, Wäl­der ver­wüs­tet und Gemein­den ver­trie­ben“, heißt es in dem Auf­ruf unter ande­rem: Jetzt dräng­ten sie dar­auf, Mine­ra­li­en aus den letz­ten bis­lang unbe­rühr­ten Grenz­re­gio­nen des Pla­ne­ten abzu­bau­en – der Tief­see. Die sei zwar rie­sig und uner­forscht, aber unglaub­lich wich­tig. Der Bereich „Tief­see“ umfas­se rund 95 Pro­zent des Oze­an­vo­lu­mens und sei das größ­te und am wenigs­ten erforsch­te Öko­sys­tem der Erde: „Eini­ge Wis­sen­schaft­ler glau­ben, dass die Tief­see und ihre Was­ser­säu­le die größ­te Koh­len­stoff­sen­ke der Erde sein könn­ten“. Stän­dig wür­den dort neue Arten entdeckt.

Anspruch und Wirklichkeit…

Die ISA sagt von sich selbst, sie sei  „gemäß dem See­rechts­über­ein­kom­men der Ver­ein­ten Natio­nen beauf­tragt, alle Akti­vi­tä­ten im Zusam­men­hang mit Mine­ra­li­en im inter­na­tio­na­len Mee­res­bo­den­ge­biet zum Woh­le der gesam­ten Mensch­heit zu orga­ni­sie­ren, zu regu­lie­ren und zu kon­trol­lie­ren. Dabei hat die ISA die Pflicht, den wirk­sa­men Schutz der Mee­res­um­welt vor schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen sicher­zu­stel­len, die durch Akti­vi­tä­ten im Zusam­men­hang mit dem Tief­see­bo­den ent­ste­hen kön­nen.“ Wie sich das mit der Tat­sa­che ver­trägt, dass die ISA seit 2001 nahe­zu rou­ti­ne­mä­ßig die Inter­es­sen berg­bau­freund­li­cher Regie­run­gen und Unter­neh­men über den Schutz der fra­gi­len Tiefsee-Ökosysteme stellt und die erwähn­ten bis­lang 31 Lizen­zen an Auf­trag­neh­mer zur Explo­ra­ti­on von Mine­ra­li­en außer­halb der jewei­li­gen natio­na­len Hoheits­ge­wäs­ser ver­gibt, bleibt offen. Gerichts­bar­keit im Atlan­ti­schen, Indi­schen und Pazi­fi­schen Oze­an vergeben.

Tief­see­berg­bau“, so der Auf­ruf wei­ter, „wür­de alle ande­ren Berg­bau­ak­ti­vi­tä­ten in der Geschich­te der Mensch­heit in den Schat­ten stel­len, und er wür­de in einem Teil des Pla­ne­ten statt­fin­den, den wir gera­de erst zu ver­ste­hen begin­nen. Wenn die­ses gefähr­li­che Expe­ri­ment schief geht, besteht die Gefahr, dass ein Domi­no­ef­fekt mit unbe­ab­sich­tig­ten Fol­gen aus­ge­löst wird, die den Oze­an desta­bi­li­sie­ren, Ernäh­rungs­un­si­cher­heit aus­lö­sen und alles Leben auf der Erde beein­träch­ti­gen könnten.“

Daher mahnt die Deep Sea Con­ser­va­ti­on Coali­ti­on expli­zit: „Als Bür­ger, die um die Zukunft unse­res Pla­ne­ten besorgt sind, for­dern wir Sie drin­gend auf, ein Mora­to­ri­um für den Tief­see­berg­bau zu unter­stüt­zen und die Öko­sys­te­me zu schüt­zen, auf die wir alle ange­wie­sen sind.“

Eine Unter­stüt­zung des Auf­rufs ist nötig und mög­lich – hier!

 

 

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WATERKANT-Redaktion