Mehr als 660 Jahre ist es her, dass eine verheerende Sturmflut den Handelsplatz Rungholt verschlang – noch heute forschen Archäologen zwischen Nordstrand, Pellworm und Süderoog im nordfriesischen Wattenmeer nach den Überresten des Ortes. Die Katastrophe, die Hunderte Menschenleben – oder mehr – kostete, ist als „Grote Mandränke“ in die Geschichte eingegangen.
Nach heutigen Kenntnissen hat das Unglück am 15. Januar 1362 stattgefunden – eigentlich also kein Anlass, ausgerechnet heute daran zu erinnern. Es hat aber einen einfachen Grund, dass dies hier und jetzt dennoch geschieht: Gestern hat der Deutschlandfunk (DLF) eine halbstündige Reportage gesendet, die hiermit nachdrücklich empfohlen werden soll: Sie beschreibt nicht nur eine von vielen archäologischen Expeditionen zum „friesischen Atlantis“, sondern schlägt einen weiten, spannenden Bogen zur Geschichte der Nordsee, die einst unter dem heutigen Namen „Doggerland“ besiedeltes Gebiet gewesen ist.
Neben vielen gut erklärten und fesselnd zu hörenden / lesenden Details zur Geschichte und zur Erforschung der Nordsee-Vergangenheit problematisiert die Reportage unter anderem auch „eine Entwicklung, die … im Hinblick auf die archäologischen Schätze in der Nordsee Sorgen macht“: Sie beschreibt nämlich, wie und warum durch die massiv ausgeweiteren Offshore-Windparks und die Verlegung großer Kabel oder Pipelines „weite Gebiete des Meeresbodens für die archäologische Forschung gesperrt werden“.
Zwar werden Forschende zitiert mit Hinweisen, man könne und dürfe diese Entwicklung nicht stoppen, weil die Energiewende gebraucht werde; man müsse „partnerschaftlich mit den Industrien auf der Nordsee zusammenarbeiten“. Die Reportage weist aber auch auf die Schwierigkeiten eben dieser Kooperation hin – unter anderem, weil bis heute „das UNESCO-Abkommen zum Schutz des Unterwasserkulturerbes, das hier bestimmte Regeln bei Bautätigkeiten außerhalb der Küstenmeere vorschreiben könnte, von vielen Ländern noch nicht ratifiziert“ worden sei: „Auch Großbritannien und Deutschland sind darunter.“
Vielleicht hilft die DLF-Reportage von Tomma Schröder ein bisschen, den öffentlichen Druck zu erhöhen, dass diese Ratifizierung endlich voran kommt und auch künftige Forschung zur Nordsee-Geschichte möglich bleibt.
Der DLF-Beitrag ist hier als Text – mit Download-Möglichkeit auch der Audio-Version – abrufbar. Sollte das irgendwann nicht (mehr) der Fall sein, helfen wir nach Möglichkeit gerne weiter.