Auf der linken Seite der Unterweser wächst – und organisiert sich – der Widerstand gegen die geplante, erneute Vertiefung des Flusses: Anfang dieser Woche trafen sich in der Unterweserstadt Brake drei Ausschüsse des Landkreistags Wesermarsch zu einer gemeinsamen Sitzung, um das Thema einmal mehr zu erörtern – informativ, aber unter reger öffentlicher Beteiligung partiell auch ziemlich turbulent.
Ursprünglich sollten zu dieser Sitzung nur Vertreter der in Bremerhaven ansässigen Planungsbehörde eingeladen werden, um über den Stand des Verfahrens zu informieren. Dann wurden auf Antrag der Kreistags-Gruppe CDU/GRÜNE/FDP acht Vertreter verschiedener Verbände und Branchen hinzugeladen, die alle als ausgewiesene Gegner der Vertiefungspläne bekannt sind. Worauf die SPD-Fraktion durchsetzte, die Runde nicht nur um Repräsentanten einzelner Firmen und der regionalen IHK, sondern auch des Weserbund zu erweitern – eines seit Urzeiten von Sozialdemokraten geführten Lobbyverbands, aktuell geleitet vom ehemaligen bremischen Senator Uwe Beckmeyer, der bis 2018 auch Maritimer Koordinator der Bundesregierung gewesen ist.
Im Landkreis Wesermarsch ist die geplante Weservertiefung seit eh heftig umstritten. Der einstige Plan einer gemeinsamen Ausbaggerung sowohl der so genannten Außenweser zum Nutzen des Bremerhavener Container-Terminals als auch der Unterweser ab Bremerhaven flussaufwärts war bekanntlich vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gestoppt worden. Aktuell werden nun zwei getrennte Verfahren vorbereitet – Außenweser sowie Unterweser Bremerhaven-Brake.
Mehr Schäden als Nutzen
Im Landkreis relativ unumstritten ist die Einschätzung, dass Nutznießer des Unterweserausbaus nur der Braker Hafen und sein privater Betreiber, der Terminalkonzern Jan Müller, sein werden – während die Phalanx der Beeinträchtigten von den Bauern der Region über die Angler, Krabbenfischer oder Wassersportvereine bis zu den für Ent- und Zuwässerung verantwortlichen „Sielachten“, so heißen hier die Wasser- und Bodenverbände, reicht. So gesehen, sind zwischen Weser, Jade und Hunte alle Ecken des Landkreises und alle Bevölkerungsschichten betroffen.
Auf das Eingangsreferat des Leiters der Planungsbehörde, Ulrich Günther, antwortete ebenso informativ wie engagiert der Bremer Landesgeschäftsführer des Umweltverbands BUND, Martin Rode, der maßgeblich die vom BVerwG verhandelte Klage vorangetrieben hatte. Eindrucksvoll wurde es aber anschließend, als die Vertreter der Landwirte, Sielachten, Sportler und Fischer aus ihrer ureigenen Situation heraus Stück für Stück bestätigten, was Rode zuvor als markanteste Folgen einer weiteren Vertiefung – es wäre die 13. in rund 140 Jahren – gegeißelt hatte: Verstärkter Tidehub mit erhöhtem Risiko für die Deichsicherheit, dadurch auch Zunahme der Versalzung, Verschlickung von Nebenarmen, Stränden, Ufern und kleineren Häfen, Sackungen und Gebäuderisse nicht nur in Ufernähe, Verlust von Biodiversität. Zu den wirtschaftlichen Folgen für die Bauern und auch für den Fremdenverkehr addieren sich Beeinträchtigungen für weitere Unternehmen am Fluss, die ihrerseits nachdrücklich auf sich ergebende Kostensteigerungen hinwiesen. Allen Stellungnahmen gemeinsam war auch der Hinweis, dass es ja nicht nur um künftige Schäden gehen dürfe – schließlich seien diverse negative Folgen früherer Vertiefungen bis heute nicht ausgeglichen worden.
Uwe Beckmeyer und die Vertreter der IHK hatten am späten Abend einen schweren Stand. Ihre Plädoyers für eine Vertiefung zugunsten des Braker Hafens sorgten im Saale wiederholt für sehr emotionale Reaktionen.