Ein toller Erfolg für den Bremer Landesverband des BUND: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat den geplanten Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) endgültig gestoppt. Eine teure Schlappe für den Bremer Senat, teuer natürlich vor allem für alle Steuerzahler…
2009 war die Idee entstanden, sie war von Anfang an umstritten – und nun ist sie geplatzt: Bremerhaven wird keinen Offshore-Terminal am südlichen Weserwatt beim Naturschutzgebiet Luneplate erhalten. Nach jahrelangem Streit hat jetzt das BVerwG eine Beschwerde der Bremer Landesregierung gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Hansestadt für unzulässig erklärt. Damit aber wird dessen Entscheidung – sie hatte das Projekt bereits untersagt – unmittelbar rechtskräftig.
Im Ressort der zuständigen Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) zeigte man sich enttäuscht, hingegen herrscht beim Umweltschutzverband BUND, der gegen das Vorhaben geklagt hatte, Genugtuung: Endlich stehe nun fest, dass das als europaweit bedeutsamer Lebensraum geschützte Brackwasserwatt unversehrt erhalten bleibe, freute sich der Bremer Landesgeschäftsführer Martin Rode. Scharf kritisierte er die politisch Verantwortlichen, einmal getroffene Entscheidungen würden offenbar schon wegen möglichen Gesichtsverlusts nicht revidiert.
Als die Planung gestartet wurde, war Bremerhaven zwar ein wichtiger Industrie-Standort zum Ausbau der Offshore-Windkraft (OWK). Trotzdem gab es erheblichen Widerstand: Für den beabsichtigten Bau einer Spezialkaje für den Umschlag schwerster und überlanger OWK-Anlagenteile musste zwecks Schaffung einer 25 Hektar großen Logistikfläche der Regionalflughafen Luneort samt mehrerer Flugunternehmen und Luftsportvereine weichen. Zudem sollte die Kaje, wie eingangs erwähnt, in ein Areal gerammt werden, das zuvor bereits – als ökologische Ausgleichsmaßnahme für andere Hafenbauvorhaben – unter Naturschutz gestellt worden war.
Investoren blieben aus
Peinlich wurde es für die Landesregierung, als schon während der Planung eine OWK-Firma nach der anderen ihre Tore schloss. Streit zwischen Bund und Land über Zuständigkeiten verzögerten ebenso wie Finanzierungsprobleme: Erst hatte der Bremer Senat den „Offshore-Terminal Bremerhaven“ (OTB) vollmundig zu einer Sache privater Investoren erklärt. Als die ausblieben, bewirkte das aber kein Nachdenken über den Sinn eines OTB – statt dessen wurde 2012 kurzerhand eine öffentliche Finanzierung beschlossen. 2015 wurde der Bau planfestgestellt, da hatte aber der BUND bereits bei Gericht einen Baustopp beantragt, der kurz darauf auch verhängt wurde.
Die amtliche Kostenschätzung belief sich seinerzeit auf rund 180 Millionen Euro, die von den Steuerzahlern eines damals wie heute notorisch klammen Bundeslandes hätten aufgebracht werden müssen; Kritiker hielten das allerdings immer für völlig unzureichend. Das ist nun durch die BVerwG-Entscheidung zwar hinfällig – es bleibt aber der schlechte Beigeschmack, dass, wie vom BUND angemerkt, die öffentliche Hand durch die vermurkste Planung Millionen Steuergelder in den Sand gesetzt hat: Der Bund der Steuerzahler (BdSt) bezifferte bereits Ende 2019 die OTB-Ausgaben unter anderem für Planung, Konzessionsverfahren, Gutachten, Probe-Rammung, Kampfmittelsuche oder Entschädigung für Flugplatznutzer auf rund 31 Millionen Euro – ein Teil davon, so der BdSt, sei gar für den Ausgleich von Umweltschäden aufgewendet worden, die erst im Zuge des nun gestoppten Baus entstanden wären.
Apropos Lernfähigkeit der Politik: Die Nordsee-Zeitung zitierte eine Sprecherin der Häfensenatorin, man werde nun für das fragliche Areal „eine Perspektive entwickeln, die auch einen Zugang an das seeschifftiefe Wasser einschließt“. Wie das ohne Schädigung des geschützten Watts gehen soll, bleibt abzuwarten.
Eine ähnliche Version dieses Beitrags ist
am 14. Oktober 2022 auch in der Tageszeitung „junge Welt“ zu finden.