Als einen „entscheidenden Schritt in Richtung sauberer Luft in der gesamten Region“ hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) Ende vergangener Woche die Entscheidung der IMO begrüßt, das Mittelmeer als Schwefelemissions-Kontrollgebiet auszuweisen. Zugleich kritisiert die Organisation jedoch, dass die Maßnahme sich nur auf Schwefelemissionen beschränkt statt zugleich auch Stickoxidemissionen einzuschließen.
Derzeit tagt in London die 79. Sitzung des Marine Environment Protection Committee (MEPC 79) der International Maritime Organization (der UN-Schifffahrtsorganisation IMO). Unter anderem wurde hierbei eine Erweiterung des Anhangs VI des MARPOL-Abkommens beschlossen und das gesamte Mittelmeer als Emissionskontrollgebiet für Schwefeloxide und Feinstaub ausgewiesen. Gemäß den zähen Regularien der IMO tritt die Änderung aber voraussichtlich erst am 1. Mai 2024 formal in Kraft – genügend Ratifizierungen vorausgesetzt –, um ein weiteres Jahr später die neuen Grenzwerte wirksam werden zu lassen: Schiffstreibstoff darf dann nur noch 0,1 Masseprozent Schwefel enthalten, während es außerhalb solcher Emissionskontrollgebiete weiter 0,5 Prozent sein dürfen. Das Mittelmeer wäre damit weltweit das fünfte ausgewiesene Emissionskontrollgebiet für Schwefeloxide und Feinstaub (Sulphur Emission Control Area – SECA), nach Nord- und Ostsee, den nordamerikanischen Küstengewässern (USA und Kanada) sowie dem karibischen US-Meeresgebiet um Puerto Rico und den Virgin Islands.
Sönke Diesener als verkehrspolitischer Referent des NABU begrüßte die Entscheidung in einer Pressemitteilung als großen Schritt in Richtung einer saubereren Schifffahrt: „Die steigenden Anforderungen an die Kraftstoffqualität dienen nicht nur einer erheblichen Luftreinhaltung, sondern fördern auch Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen in der Schifffahrt.“ Er zeigte sich jedoch enttäuscht, dass keine „vollständige ECA“ durchzusetzen gewesen sei, die sowohl Schwefel- als auch Stickoxide abgedeckt hätte. Die beschlossene SECA bedeute zwar „eine verbesserte Luftqualität für fast 150 Millionen Menschen im Mittelmeerraum“, ein zusätzliches Stickstoffemissions-Kontrollgebiet (Nitrogen Oxides Emission Control Area – NECA) wie in der Nord- und Ostsee würde jedoch „die Luftqualität weiter verbessern und jährlich Hunderte von Menschenleben retten“.
Der NABU, so die Pressemitteilung weiter, „fordert zusammen mit seinen Partner-NGOs, die Bemühungen mit der Benennung der SECA im Mittelmeerraum nicht einzustellen, sondern die Einrichtung einer NECA als nächstes Ziel zu unterstützen. Ein erster Schritt ist getan, aber viele weitere müssen folgen – auch in anderen Regionen“. Die Schifffahrt müsse deutlich sauberer und klimafreundlicher werden: „Es gibt keine Entschuldigung dafür, warum einige Gebiete mehr als andere unter der Belastung durch Schifffahrtsemissionen leiden sollten.“ Eine kombinierte ECA für Schwefel und Stickstoff, so Diesener weiter, könne „gleichzeitig die notwendige Umstellung auf klimafreundliche E-Fuels auf Basis erneuerbarer Energien vorantreiben“. Es sollten keine Zeit und kein Geld für Luftverschmutzungslösungen wie Scrubber oder LNG verschwendet, sondern technische Maßnahmen ergriffen werden, „die sowohl die Luftschadstoff- als auch die Treibhausgasemissionen bekämpfen“.
Die vollständige Pressemitteilung ist hier nachzulesen.