Triumphale Reederei-Bilanzen

Das Insti­tut für Welt­wirt­schaft der Uni­ver­si­tät Kiel (IfW) sieht den glo­ba­len Han­del vor einem län­ger anhal­ten­den Auf­schwung: Der See­han­del, so for­mu­liert es der heu­te ver­öf­fent­lich­te monat­li­che Kiel Trade Indi­ca­tor des Insti­tuts, pro­fi­tie­re davon aber nur bedingt: „Auf den Welt­mee­ren sind spür­bar weni­ger Con­tai­ner unter­wegs … als vor gut einem Jahr.“ Was das für die füh­ren­den Ree­de­rei­en bedeu­tet, bleibt abzu­war­ten – momen­tan fei­ern eini­ge von ihnen noch tri­um­pha­le Bilan­zen fürs ver­gan­ge­ne Jahr. 

Bei­spiel­haft genannt sei­en an die­ser Stel­le die Num­mer 5 der Welt­rang­lis­te, Ham­burgs Hapag-Lloyd, oder die Num­mer 2, der däni­sche Kon­zern A.P. Møller-Mærsk. Hapag-Lloyd mel­de­te jüngst, man wer­de das Jubi­lä­ums­jahr 2022 mit dem bis­lang bes­ten Ergeb­nis der 175-jährigen Fir­men­ge­schich­te abschlie­ßen kön­nen: Ein Umsatz von rund 34,5 Mil­li­ar­den Euro bräch­te einen Gewinn von 17,5 Mil­li­ar­den Euro. Offi­zi­ell sind das zwar vor­läu­fi­ge Zah­len, die Bilanz soll erst Anfang März vor­ge­legt wer­den. Den­noch drän­gen sich Ver­glei­che auf: 2021 war mit einem Gewinn (EBIT – vor Steu­ern und Zin­sen) von etwas mehr als 9,4 Mil­li­ar­den Euro abge­schlos­sen wor­den, im Vor­jahr waren es, vor allem corona-bedingt, 1,3 Mil­li­ar­den Euro gewesen.

Mit­te die­ser Woche hieß es dann, der Vor­stand wer­de den Aktio­nä­ren unter ande­rem vor­schla­gen, mit 11,1 Mil­li­ar­den Euro auch eine Rekord­di­vi­den­de aus­zu­schüt­ten – 63 Euro je Aktie. Dem Mil­li­ar­där Klaus-Michael Küh­ne, der 30 Pro­zent der Akti­en hält, bräch­te das rund 3,3 Mil­li­ar­den Euro, eben­so dem chi­le­ni­schen Kon­zern CSAV, des­sen Con­tai­ner­spar­te Hapag-Lloyd 2014 gegen eine Betei­li­gung von 30 Pro­zent über­nom­men hat­te. Die Freie und Han­se­stadt Ham­burg kann für ihren 13,9-Prozent-Anteil an Hapag-Lloyd etwas mehr als 1,5 Mil­li­ar­den Euro erwar­ten. Nach Agen­tur­an­ga­ben hat die Divi­den­den­an­kün­di­gung die Kon­zern­ak­tie um fast zwölf Pro­zent auf 245,60 Euro getrieben.

Höchs­ter Jah­res­ge­winn der däni­schen Geschichte

Die Ree­de­rei Mærsk wird zwar in die­sem Jahr erst 95 Jah­re alt – aber auch sie ver­bucht für 2022 das bes­te Ergeb­nis ihrer Geschich­te: Ein Umsatz von 81,5 Mil­li­ar­den US-Dollar bringt einen Gewinn von 29,3 Mil­li­ar­den Dol­lar (umge­rech­net 27,3 Mil­li­ar­den Euro) – nach Anga­ben der däni­schen Agen­tur Ritz­au hat kein Unter­neh­men des Lan­des jemals einen höhe­ren Jah­res­ge­winn ein­ge­stri­chen. Aller­dings dämpft die Ree­de­rei mit Blick auf die Ent­wick­lung des See­han­dels schon jetzt die Erwar­tun­gen fürs lau­fen­de Jahr: Für 2023 wird nur noch ein EBIT zwi­schen zwei und fünf Mil­li­ar­den Dol­lar vor­her­ge­sagt. Inter­es­sant in die­sem Kon­text: Japans Con­tai­ner­ree­de­rei ONE, Part­ner von Hapag-Lloyd im Bünd­nis THE Alli­ance, kor­ri­gier­te wegen der sich abzeich­nen­den Markt­schwä­chung Ende Janu­ar ihre Gewinn­pro­gno­se bereits nach unten. Die sechst­größ­te Con­tai­ner­ree­de­rei – ihr Geschäfts­jahr läuft bis zum 31. März – senk­te ihre Ergeb­nis­er­war­tung von 15,2 auf 14,7 Mil­li­ar­den Dol­lar. Von Hapag-Lloyd-Chef Rolf Hab­ben Jan­sen sind sol­che Zah­len­spie­le­rei­en zwar nicht zu hören, Skep­sis zeigt er den­noch: Die Par­ty sei vor­bei, zitiert ihn die Agen­tur Reu­ters, man müs­se „um jede Box kämp­fen, um unse­re Schif­fe voll zu bekommen“.

Aber Hab­ben Jan­sen sieht die Risi­ken der aktu­el­len Ent­wick­lung und folgt dem Bei­spiel vie­ler Kon­kur­ren­ten – Hapag-Lloyd will nicht mehr nur Ree­der sein, son­dern kom­plet­te Logis­tik­diens­te anbie­ten: Betrieb von Ter­mi­nals, Hafen­dienst­leis­tun­gen, mul­ti­mo­da­le Trans­por­te bis ins Hin­ter­land, Lager­häu­ser, Con­tai­ner­de­pots und ande­res mehr. Im Okto­ber 2022 über­nahm der bereits in Wil­helms­ha­ven, Tan­ger und Dami­et­ta enga­gier­te Kon­zern den chi­le­ni­schen Terminal-Logistiker SAAM, im Janu­ar erst 49 Pro­zent der Spinelli-Gruppe aus Genua, dann 35 Pro­zent von J. M. Baxi Ports & Logi­stics der indi­schen Fami­lie Kotak. Fol­ge die­ser Zukäu­fe: Laut Han­sa will Hapag-Lloyd mit einer neu­en Ter­mi­nal­s­par­te das Lini­en­ge­schäft ope­ra­tiv von den Land­ak­ti­vi­tä­ten trennen.

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WATERKANT-Redaktion