Bremens Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken sieht sich kurz vorm nächsten Wahltermin wohl unter Druck – mindestens bezüglich der Zukunft der Häfen. Der Eindruck drängt sich auf angesichts des jüngst verkündeten Vorhabens, einen „Energy Port“ zu planen, der sich bei näherem Hinschauen als ein erweiterter OTB entpuppt – das war jenes Terminal-Vorhaben, das vom Gericht gestoppt wurde.
Im Herbst 2022 hatte die Koalition unter Beteiligung von Akteuren aus der Hafenwirtschaft zunächst ein umfangreiches Hafenentwicklungskonzept 2035 (HEK) auf den Weg gebracht, gestern legte sie nach und beschloss den Planungsauftrag für einen Energy Port im Süden Bremerhavens als „wichtigen Baustein … für die Energiewende“. Bei einem Vortrag vor dem Nautischen Verein Bremerhaven am Montag dieser Woche hatte Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) bereits betont, man werde dies noch vor der Parlamentswahl im Mai auf den Weg bringen.
Das Gesamtpaket sieht umfangreiche Erneuerungen und Erweiterungen vor und erfordert immense Investitionen. Bezüglich des HEK ist von jährlich 50 Millionen Euro die Rede, beim Energy Port gibt es in diesem Stadium noch keine Kostenschätzung. Schilling stellte aber klar, dass es ohne Bundeshilfe nicht umsetzbar sein werde; weshalb sie ebenso wie Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) das Vorhaben vorsorglich als „Projekt von nationaler Bedeutung“ titulierte. Es sei in der Vergangenheit versäumt worden, Geld zu investieren, referierte sie sinngemäß, das räche sich jetzt. Seit 2005 subventioniere der Bund die deutschen Häfen mit jährlich 38 Millionen Euro – zehn davon für Bremen –, da müsse mindestens eine Null dran gehängt werden.
Laut HEK soll eine Vielzahl von Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit vor allem der schwächelnden Bremerhavener Häfen stärken – etwa bessere Hinterlandanbindungen via Schiene, Fertigstellung eines Hafentunnels, dessen Bau schon fünf Jahre überfällig ist (und immer teurer wird), Ertüchtigung des maroden Kreuzfahrtterminals (in Arbeit) sowie weitere Infrastrukturmaßnahmen bei Schleusen und Brücken.
Zentrale Elemente des HEK aber sind zum einen der Ruf nach der ausstehenden Außenweservertiefung, zum anderen die Modernisierung der kilometerlangen Containerterminals, indem vor die jetzige eine neue, stabilere Kaje gerammt und gebaut werden soll. Beides zusammen soll die Erreichbarkeit durch immer größer werdende Containerschiffe gewährleisten; Zweifel und Kritik an dieser Planung gibt es bekanntlich reichlich, das spielt aber im HEK ebenso wenig eine Rolle wie in den Äußerungen Schillings.
Widerstand angekündigt
Etwas skurril mutet das Vorhaben Energy Port an: Verschiedene Lokalmedien bezeichneten die Idee völlig zu Recht als ein „Nachfolgeprojekt zum gescheiterten Offshore-Terminal OTB“ – dieser war bekanntlich gerichtlich gestoppt worden. Nun soll quasi auf und neben demselben Areal eine Mehrzwecknutzung geplant werden, deren Zweckpalette von Offshorewindkraft über Wasserstoffwirtschaft, Lithium- und Batterieproduktion, Fertigung klimaneutraler Nutzfahrzeuge, Brennstoffzellenfertigung, Recycling bis zu CO2-Umschlag reicht.
Viele Planungsdetails erinnern tatsächlich an das OTB-Vorhaben: Damals musste für die später geplatzte Idee ein traditionsreicher Sport- und Geschäftsflughafen aufgelöst werden, jetzt soll eine jahrzehntealte Marina am Ufer des (per Schleuse erreichbaren) Fischereihafens einer „Mehrzweckkaje“ von rund einem Kilometer Länge weichen. Im politischen Sinne eine Krönung indes stellt die Idee dar, an der Weser – wenige Meter neben jenem Areal, wo für den OTB ein Terminal ins europarechtlich geschützte Flusswatt gerammt werden sollte – eine Offshorewindkraft-Kaje zu bauen. Kein Wunder also, dass der BUND, der den alten OTB-Plan erfolgreich juristisch bekämpft hatte, Widerstand angekündigt hat.