Containerschifffahrt: Krise? – welche Krise?

Die jüngs­ten Geschäfts­zah­len von Häfen wie Ree­de­rei­en bestä­ti­gen die zum Jah­res­wech­sel getä­tig­ten Pro­gno­sen: Die Zeit ful­mi­nan­ter Pro­fi­te in der Con­tai­ner­schiff­fahrt sind – zumin­dest für den Augen­blick – vor­bei. Von einer Kri­se ist die Bran­che indes weit ent­fernt, nahe­zu alle ver­öf­fent­lich­ten Quar­tals­zah­len zei­gen zwar erheb­li­che Rück­gän­ge in Umsatz und Gewinn und den­noch wird meist immer noch gut verdient. 

Jüngst mel­de­te Ham­burgs Hafen­mar­ke­ting beträcht­li­che Umschlags­ein­bu­ßen im ers­ten Quar­tal 2023 – die „schwie­ri­ge kon­junk­tu­rel­le Ent­wick­lung der Welt­wirt­schaft“ sei schuld. Par­al­lel gaben die Ter­mi­nal­kon­zer­ne HHLA und Euro­ga­te Rück­gän­ge des Con­tai­ner­um­schlags um 15,9 bezie­hungs­wei­se 18,9 Pro­zent bekannt. Bei­des geht ein­her mit spür­ba­ren Umsatz- und dras­ti­schen Gewinn­ein­brü­chen. Drit­tes Bei­spiel von der Elbe: Hapag-Lloyd, Deutsch­lands größ­te (und der Welt fünft­größ­te) Con­tai­ner­ree­de­rei, muss­te nach der Freu­de über ihre Vor­jahrs­re­kor­de nun Umsatz­ein­brü­che um knapp 30 Pro­zent und einen EBIT-Rückgang um rund 60 Pro­zent einräumen.

Das alles klingt dras­ti­scher, als es in Wirk­lich­keit ist. Es geht hier nicht um ein Ham­bur­ger Pro­blem, son­dern nur um loka­le Bei­spie­le für eine momen­tan glo­ba­le Ent­wick­lung. Die Corona-Pandemie hat­te bekannt­lich die welt­wei­ten Lie­fer­ket­ten gewal­tig chao­ti­siert, dabei aber Schiff­fahrt und Häfen stark zu Kri­sen­ge­win­nern gemacht, unter ande­rem wegen ful­mi­nant gestie­ge­ner Fracht­ra­ten. Nach der Pan­de­mie haben nun die Konjunktur- und Zins­ent­wick­lung sowohl Nach­fra­ge und Kon­sum als auch im Ver­bund mit Nor­ma­li­sie­rung der Kapa­zi­tä­ten zugleich auch die Fracht­ra­ten ein­bre­chen las­sen; Ukraine-Krieg und vor allem die Sank­tio­nen gegen Russ­land dämp­fen zudem den Umschlag teil­wei­se erheb­lich. Trotz­dem bedeu­ten die­se (und wei­te­re) mar­kan­ten Schrump­fun­gen der Geschäfts­zah­len von Häfen wie Ree­dern nur ein Absen­ken auf ein immer noch durch­aus pro­fi­ta­bles Niveau – etwa so, wie man es vor der Pan­de­mie kannte.

Quartals-Einbußen mel­den so auch Ham­burgs Kon­kur­ren­ten wie etwa Rot­ter­dam – elf Pro­zent weni­ger Con­tai­ner als im Ver­gleichs­quar­tal 2022 – oder Bel­gi­ens Dop­pel­ha­fen Antwerpen-Zeebrügge mit knapp sechs Pro­zent weni­ger Blech­bo­xen; das fran­zö­si­sche Le Hav­re erlebt ein Minus von mehr als zehn Pro­zent. Der Month­ly Con­tai­ner Port Moni­tor des Bre­mer Insti­tuts für See­ver­kehrs­wirt­schaft und Logis­tik (ISL) geht laut dem mari­ti­men Info­dienst Han­sa von einem welt­wei­ten Umschlags­rück­gang um 5,4 Pro­zent aus, wobei Euro­pas Zah­len im Mit­tel­feld lie­gen – US-Werte ran­gie­ren bei 28, asia­ti­sche bei weni­ger als fünf Prozent.

Ein wei­te­res sen­sa­tio­nel­les Gewinnjahr“

Das schlägt natür­lich auf die Ree­de­rei­en durch, und so bilan­ziert nicht nur Hapag-Lloyd merk­li­che Ein­brü­che, auch Däne­marks Mærsk hat 26 Pro­zent Umschlags­ein­bu­ßen und rund 68 Pro­zent Gewinn­ein­bruch (EBIT) hin­zu­neh­men. Dem Info­dienst Splash247 zufol­ge berich­tet Süd­ko­re­as HMM gar über einen Umschlags­rück­gang um 58 und einen Gewinn­ein­bruch um 90 Pro­zent. Und die zu Chi­nas Cosco gehö­ren­de Ree­de­rei OOCL ver­zeich­net im aktu­el­len Quar­tals­um­satz ein Minus von knapp 58 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahrs­zeit­raum; das Betriebs­er­geb­nis wird nicht genannt.

Aber es geht nicht nur „abwärts“: Laut Han­sa fin­den die Lini­en­ree­de­rei­en nach dem Pandemie-Chaos wie­der zur Fahr­pl­an­treue zurück. Welt­markt­füh­rer MSC etwa habe sei­ne Zuver­läs­sig­keit von nur 32,3 Pro­zent im ers­ten Quar­tal 2022 auf aktu­ell 63,2 Pro­zent fast ver­dop­peln kön­nen; Hapag-Lloyd, ein wei­te­res Bei­spiel, von 28,7 auf 54,9 Pro­zent. Ins­ge­samt scheint Pes­si­mis­mus unan­ge­bracht: Splash247 berich­tet über Pro­gno­sen des Invest­ment­kon­zerns Blue Alpha Capi­tal, die für das Gesamt­jahr 2023 der glo­ba­len Lini­en­schiff­fahrt „einen Umsatz von rund 327 Mil­li­ar­den US-Dollar“ und dabei „einen kom­bi­nier­ten Net­to­ge­winn von 43,2 Mil­li­ar­den US-Dollar“ vor­her­sa­gen. Dies bedeu­te zwar einen Rück­gang um 80 Pro­zent gegen­über den Rekord­ge­win­nen von 2022 – wäre aber den­noch „ein wei­te­res sen­sa­tio­nel­les Gewinnjahr“.

Die Lob­by­or­ga­ni­sa­ti­on Bal­tic and Inter­na­tio­nal Mari­ti­me Coun­cil (BIMCO) rech­net bis 2033 mit einer Ver­schrot­tung von bis zu 15.000 Schif­fen – rund 25 Pro­zent der Welt­han­dels­flot­te. Zugleich wächst zumin­dest die Con­tai­ner­flot­te unauf­halt­sam – nach den Alpha­li­ner-Sta­tis­ti­ken in vier Mona­ten um 69 (rund 440.000 TEU) auf knapp 6600 Schif­fe (rund 27 Mil­lio­nen TEU); und neu bestellt sind gut 470 Schif­fe für wei­te­re 5,85 Mil­lio­nen TEU. Das hat sicher mit Moder­ni­sie­rung in Zei­ten des Kli­ma­wan­dels zu tun, sozu­sa­gen nütz­li­che Ver­wen­dung eines Teils der Pro­fi­te, weit­aus mehr aber wohl mit anhal­tend mas­si­ver Oligopolisierung.

Über waterkant

WATERKANT-Redaktion