Tiefseebergbau stresst Tiefseequallen

Eine Pres­se­mit­tei­lung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Oze­an­for­schung in Kiel berich­te­te Anfang die­ser Woche, dass unter ande­rem durch Tief­see­berg­bau ver­ur­sach­te Sedi­m­ent­wol­ken Tief­see­fau­na wie bei­spiels­wei­se die so genann­te Helm­qual­le der­art stres­sen kön­ne, dass deren Ver­hun­gern nicht aus­zu­schlie­ßen sei. 

Helm­qual­le (Peri­phyl­la peri­phyl­la), auf­ge­nom­men im Nord­pa­zi­fik.
Foto: Vanes­sa Sten­vers, GEOMAR

Die Tief­see beher­bergt eine der größ­ten Tier­ge­mein­schaf­ten der Erde, über die wir noch sehr wenig wis­sen“, schreibt GEOMAR: „Den­noch ist sie bereits einer wach­sen­den Zahl von durch den Men­schen ver­ur­sach­ten Umwelt­be­las­tun­gen ausgesetzt.“

Das Wis­sen über die Tief­see­be­woh­ner und ihre Reak­tio­nen auf anthro­po­gen ver­ur­sach­te Stress­fak­to­ren sei jedoch begrenzt, wes­halb ein For­schungs­team jetzt exem­pla­risch Stress­re­ak­tio­nen der pela­gi­schen Tief­see­qual­le Peri­phyl­la peri­phyl­la, auch als Helm­qual­le bekannt, auf Ozeanerwär­mung und durch Tief­see­berg­bau ver­ur­sach­te Sedi­m­ent­wol­ken unter­sucht habe. Der kom­mer­zi­el­le Abbau von Boden­schät­zen, so die Mit­tei­lung unter ande­rem, bedeu­te eine Stö­rung der Mee­res­um­welt und sei ein „beson­de­rer und poten­zi­ell gro­ßer Umwelt­stress­fak­tor für Orga­nis­men in der Tief­see“. Es wür­den dabei fei­ne Sedi­men­te auf­ge­wir­belt, dabei ent­ste­hen­de Schweb­stoff­wol­ken könn­ten sich über Dut­zen­de bis Hun­der­te von Kilo­me­tern ausbreiten.

Der Tief­see­berg­bau wür­de sich daher nicht nur lokal auf die Tier­ge­mein­schaf­ten am Mee­res­bo­den aus­wir­ken, son­dern auch in einem erheb­lich grö­ße­ren Gebiet auf die in der dar­über lie­gen­den Was­ser­säu­le, dem Frei­was­ser oder Pela­gi­al.“ Die­se Zone zwi­schen 200 und cir­ca 4000 Metern Was­ser­tie­fe sei „von ent­schei­den­der Bedeu­tung für die Fähig­keit des Oze­ans, Koh­len­stoff zu spei­chern, aber sei­ne Bewoh­ner sind auch die Haupt­nah­rungs­quel­le für vie­le Fische, Tin­ten­fi­sche und Mee­res­säu­ger und stel­len daher ein wich­ti­ges Glied im mari­nen Nah­rungs­netz dar“. Die Erfor­schung der Reak­tio­nen der exem­pla­risch aus­ge­wähl­ten Helm­qual­le auf simu­lier­te Sedi­m­ent­wol­ken habe unter ande­rem gezeigt, dass die Tie­re wegen star­ker Anhaf­tung von Sedi­ment­par­ti­keln begon­nen hät­ten, über­schüs­si­gen Schleim zu pro­du­zie­ren, was sehr viel Ener­gie erfor­de­re und daher „einen erheb­li­chen Teil des gesam­ten Ener­gie­haus­halts eines Tie­res aus­ma­chen“ kön­ne. Die For­schen­den äußern nun die Befürch­tung, dass „Stress­fak­to­ren, die zu einem erhöh­ten Ener­gie­ver­brauch füh­ren, … mit einer erhöh­ten Nah­rungs­auf­nah­me kom­pen­siert wer­den müs­sen. Da die Nah­rung in der Tief­see im All­ge­mei­nen knapp ist, könn­te dies letzt­lich zum Ver­hun­gern führen.“

Die GEOMAR-Mitteilung äußerst schluss­fol­gernd die Hoff­nung des For­schungs­teams, dass „sei­ne Stu­die …von Berg­bau­un­ter­neh­men und der Inter­na­tio­na­len Mee­res­bo­den­be­hör­de (Inter­na­tio­nal Seabed Aut­ho­ri­ty, ISA) berück­sich­tigt wird, wenn es dar­um geht, Berg­bau­stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, die die Umwelt­schä­den so gering wie mög­lich hal­ten.“ – Es ist bedau­er­lich, dass das Helmholtz-Zentrum (wie­der ein­mal) nicht den Mut hat, kon­se­quent zu reagie­ren und öffent­lich min­des­tens ein unbe­fris­te­tes Mora­to­ri­um für jed­we­de Tiefseebergbau-Aktivitäten zu ver­lan­gen, wie es etli­che zivil­ge­sell­schaft­li­che Kräf­te seit lan­gem tun.

Die voll­stän­di­ge Pres­se­mit­tei­lung ist hier abruf­bar,
sie ent­hält unter ande­rem Links zum Ori­gi­nal der Studie.

 

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WATERKANT-Redaktion