Das Bundesland Niedersachsen hat 2023 in seinen neun landeseigenen Seehäfen 7,1 Prozent weniger Umschlag erzielt als im Vorjahr: Insgesamt gingen rund 50,58 Millionen Tonnen über die Kajen, im Vorjahr waren es noch 54,45 Millionen Tonnen. – Kein Anlass, sich nicht selbst zu loben: In der Pressemitteilung der Häfenverwaltung Niedersachsen Ports (NPorts) ist von Umschlagsrückgängen nicht die Rede, stattdessen sollen die „Seehäfen fit für die Zukunft“ gemacht werden.
Am vergangenen Montag hat Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) gemeinsam mit Vertretern der Marketinggesellschaft Seaports sowie von NPorts in Oldenburg die Jahresbilanz vorgestellt. Wer „Marketing“ als die Kunst versteht, negative Daten durch positive Zielsetzungen zu übertünchen, wurde da bestätigt. Für 2024 werden Investitionen in Höhe von rund 92 sowie Instandhaltungs-Ausgaben von weiteren 53 Millionen Euro angekündigt.
Den stärksten Einbruch verzeichnet der Elbhafen Stade mit einem Umschlag von 3,76 Millionen Tonnen, im Vergleich zu 2022 ein Rückgang um mehr als 26 Prozent. Viel erfährt man nicht über Ursachen, die Rede ist lediglich von rund 40 Prozent weniger fester Massengüter und einem Minus von vier Prozent bei chemischen Produkten: Schuld sei die viel beschworene Energiekrise, wegen der „die energieintensive Industrie drastisch ihre Produktion gedrosselt“ habe. Dafür schwelgt man in Zukunfts-Optimismus: Die Inbetriebnahme des zweiten LNG-Terminals (neben Wilhelmshaven) lasse für 2024 „signifikante Erholung“ erwarten, zunächst durch Flüssiggas- und später vielleicht durch Wasserstoff-Importe.
Der knapp 70 Kilometer flussabwärts liegende Seehafen Cuxhaven wird zwar als das „Deutsche Offshore-Industrie-Zentrum“ gefeiert, allerdings werden die vermeldeten 3,1 Prozent Umschlagsrückgang dem festen Massengut- und dem Holz-Umschlag (bei gleichzeitigem Zuwachs im Fahrzeugumschlag) zugeschrieben – Windkraft wird nur als Zukunftsoption beschrieben.
Emden: Umschlagplus durch NATO?
Der viertgrößte Hafen in Emden verzeichnet als „drittgrößter Pkw-Umschlagsplatz in Europa“ mit Fahrzeugen und Windkraftteilen ein deutliches Plus, das aber durch drastischen Rückgang im Umschlag flüssiger Massengüter auf ein (immer noch positives) Jahressaldo von nur drei Prozent reduziert wird. Man darf gespannt sein, ob der aktuelle Wandel zum Kriegshafen – durch die aktuellen NATO-Manövertransporte – im kommenden Jahr als dann wohl Rekorde brechendes Umschlagsplus gefeiert wird.
Der Weserhafen Nordenham verbucht ein Minus von knapp 17 Prozent, was vor allem dem rückläufigen Kohleumschlag zugeschrieben wird; mit weiterem Rückgang sei hier zu rechnen, weil weitere Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Zuwächse im Mineralölumschlag konnten das nur partiell ausgleichen.
Rund 20 Kilometer flussaufwärts liegt Brake, zweitgrößter Landeshafen, der immer wieder als einziger Nutznießer einer potenziellen Unterweservertiefung in die Schlagzeilen gerät. Auch jetzt wird NPorts nicht müde, das bilanzierte Umschlagsminus von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr dem Fehlen dieses Ausbaus zuzuschreiben, obwohl kaum große Schiffe diesen Hafen anlaufen.
Niedersachsens größter Seehafen Wilhelmshaven verzeichnet ebenfalls ein Minus. Zwar gleichen sich ein Rückgang beim Kohleumschlag und der Zuwachs beim flüssigen Massengut mengenmäßig annähernd aus: Letzteres ist dem heftig umstrittenen, im Scholz‘schen „Deutschland-Tempo“ errichteten LNG-Terminal zuzuschreiben, zudem hat sich der Fahrzeugumschlag in der Stückzahl fast vervierfacht. Aber am JadeWeserPort (JWP) ist der Containerumschlag weiter eingebrochen: Trotz partiellen Betreiberwechsels, Hapag-Lloyd hatte die Mærsk-Anteile übernommen, bleiben alle Wachstumsträume unerfüllt, nur 531.637 TEU wurden 2023 in dem 2,7-Millionen-TEU-Hafen umgeschlagen, nach 683.395 TEU im Vorjahr – ein Rückgang um 22,2 Prozent.
„Investitionen in unsere Häfen sind eine nationale Aufgabe“, sagt Olaf Lies, sicher nicht zu Unrecht – aber auf die für 2023 angekündigte Nationale Hafenstrategie der Ampel warten alle bislang vergebens.