Nationale Hafen-Strategie: Ideen ohne Geld

Ab und zu kriegt die Ampel-Regierung wohl doch noch etwas hin: Nach mona­te­lan­ger Ver­zö­ge­rung prä­sen­tier­ten SPD, Grü­ne und FDP heu­te die so genann­te Natio­na­le Hafenstra­te­gie (NHS) – und ern­te­te prompt ein biss­chen Lob für die Sache, aber mas­si­ven Tadel für feh­len­de Finanzierungs-Vorschläge oder gar -Zusagen. 

Rück­blick: Eigent­lich hät­te die NHS bereits 2023 zur 13. Natio­na­len Mari­ti­men Kon­fe­renz (NMK) in Bre­men vor­lie­gen sol­len. Schon damals ern­te­te Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz Geläch­ter, als er ein­räum­te, der Bund habe die Häfen jah­re­lang ver­nach­läs­sigt – dann aber auf finan­zi­el­le Zusa­gen ver­zich­te­te und dafür auf die kom­men­de NHS ver­wies; Ende des Jah­res wer­de sie fer­tig sein. Nun liegt sie, wei­ter ver­spä­tet, vor – und lässt die Geld­fra­ge wei­ter offen.

Kei­ne finan­zi­el­le Unter­stüt­zung über­haupt zu erwäh­nen, ist falsch“, brach­te Frank Dree­ke, Vor­stands­chef des stadt­ei­ge­nen Bre­mer Hafen­lo­gis­ti­kers BLG, es im Regio­nal­sen­der „buten un bin­nen“ auf den Punkt: Was die Bun­des­re­gie­rung da nach knapp zwei Jah­re wäh­ren­den Bera­tun­gen ver­öf­fent­licht hat, ist zwar ein ziem­lich bun­ter Strauß von Ideen, klam­mert aber die ent­schei­den­de Fra­ge wie­der aus: Wer soll das bezahlen?

Bis­lang zahlt der Bund jähr­lich 38 Mil­lio­nen Euro „Hafen­las­ten­aus­gleich“ für alle Häfen von Emden bis Greifs­wald; schon zur NMK hat­ten die Küs­ten­län­der moniert, es bräuch­te min­des­tens das Zehn­fa­che, um nur Ver­säum­tes auf­zu­ho­len, von Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen ganz zu schwei­gen. Nun lie­fert die NHS etli­che Optio­nen für das, was auf­zu­ho­len und in Bäl­de anzu­pa­cken ist – gibt aber nicht ein­mal Anre­gun­gen, wer wie viel davon bezah­len soll.

Gemein­sa­me Auf­ga­be aller?

Die Häfen „fit für die Zukunft zu machen, ist eine gemein­sa­me Auf­ga­be aller betei­lig­ten Akteu­re“, heißt es im NHS-Vorwort: Klingt lapi­dar, ist aber ent­schei­dend. Einer­seits sind Bau und Unter­halt der Häfen Län­der­sa­che, also der fünf Küs­ten­län­der. Ande­rer­seits zie­hen alle 16 Bun­des­län­der und auch der Bund Nut­zen aus die­sen Häfen. Vie­le der heu­te Mit­tag vor­ge­leg­ten Optio­nen sind in der Sache nicht neu, allen­falls in ihrer Aus­ge­stal­tung. Eine „Natio­na­le Hafenstra­te­gie“ hät­te mit kon­kre­ten Vor­schlä­gen inklu­si­ve Finan­zie­rungs­zu­sa­gen eine Debat­te über die­se unglei­che Ver­tei­lung in Gang set­zen kön­nen. Statt des­sen scheint der Bund sich jetzt zurück­zu­leh­nen, Ver­kehrs­mi­nis­ter Vol­ker Wis­sing (FDP) schiebt die Ver­ant­wor­tung – „erst der Plan, dann das Geld“ – ein­fach an die Län­der zurück, was letzt­lich auf ein Auf­schie­ben hin­aus lau­fen dürfte.

Fünf zen­tra­le Auf­ga­ben­fel­der benennt die NHS: Das reicht von der Stär­kung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit über Ener­gie­wen­de und digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on bis zur Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tur; das Feld „Aus­bil­dung und Beschäf­ti­gung“ kom­plet­tiert übri­gens die­se Palet­te, ist aber der kür­zes­te Abschnitt. 139 Vor­schlä­ge lis­tet die NHS ins­ge­samt auf – mal nur unver­bind­li­che Flos­keln wie Prüf­auf­trä­ge oder die Erstel­lung von Zustands­be­rich­ten, mal „Dau­er­auf­ga­ben“ wie etwa Fort­bil­dun­gen, mal Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten wie Ein­bin­dung Drit­ter in Pla­nun­gen; Kon­kre­tes fehlt meist.

Koope­ra­ti­on – ja, wann denn?

Da wer­den Häfen als „teil­wei­se … kri­ti­sche Infra­struk­tu­ren“ ein­ge­stuft, bei Inves­ti­tio­nen aus Dritt­staa­ten sei­en neben natio­na­len auch die Inter­es­sen des jewei­li­gen Staa­tes „zu prü­fen“ – von Auf­schub oder Ein­spruch ist nicht die Rede. Ande­res Bei­spiel: Die Umwelt­ver­bän­de haben aktu­ell erneut eine Koope­ra­ti­on der See­hä­fen zur Ent­las­tung der Flüs­se und Küs­ten und zugleich zur öko­no­misch sinn­vol­le­ren Nut­zung ange­mahnt. Ver­su­che Ham­burgs und Bre­mens, hier einen Schritt vor­an zu tun, waren ja nach schier end­lo­ser Debat­ten­zeit ergeb­nis­los auf­ge­ge­ben wor­den. Die NHS greift dies zwar auf – aber nur mit der Vor­ga­be, bis 2028 eine Mach­bar­keits­stu­die erstel­len zu wol­len. Und dann?

Küs­ten­län­der, Han­dels­kam­mern, Bran­chen­ver­bän­de – sie alle haben die Ver­öf­fent­li­chung der NHS begrüßt, meist sogar nach­drück­lich. Zwar haben alle die feh­len­den Finanz­zu­sa­gen in unter­schied­li­chen Tönen bemän­gelt, sich aber jeder wei­ter­ge­hen­den Kri­tik ent­hal­ten. Die nächs­ten Mona­te wer­den zei­gen, ob das tak­tisch gemeint ist oder resi­gna­ti­ve Ver­zwei­fe­lung bedeutet.

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WATERKANT-Redaktion