HHLA-MSC-Deal: Widerstand international

Sin­ga­purs staats­ei­ge­ner Hafen­kon­zern, die Port of Sin­ga­po­re Aut­ho­ri­ty (PSA), hat bei der EU-Kommission Beschwer­de ein­ge­reicht gegen den geplan­ten Ein­stieg der Gen­fer Ree­de­rei MSC bei Ham­burgs Hafen­lo­gis­ti­ker HHLA. Das umstrit­te­ne Geschäft wird zum Spiel­ball glo­ba­ler Wett­be­werbs­po­li­tik – und so even­tu­ell verzögert. 

Noch am Mon­tag ver­gan­ge­ner Woche hat­te Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pis­to­ri­us (SPD) in Kiel ein Lob­lied auf die Part­ner­schaft mit Sin­ga­pur ange­stimmt. Ein Begriff, der es in sich hat: Weni­ge Tage spä­ter wird näm­lich bekannt, dass die PSA mit ihrem Vor­stoß in Brüs­sel gera­de Pis­to­ri­us‘ Ham­bur­ger Par­tei­freun­den kräf­tig auf die Füße getre­ten ist. Anläss­lich der fei­er­li­chen Tauf­ze­re­mo­nie für das letz­te von vier hoch­mo­der­nen U-Booten, die die Kie­ler Werft Thys­sen­krupp Mari­ne Sys­tems (TKMS) für den ost­asia­ti­schen Stadt­staat gebaut hat, hat­te Pis­to­ri­us die Ver­bun­den­heit zu Sin­ga­pur betont: „Unse­re Zusam­men­ar­beit beschränkt sich nicht nur auf Rüs­tungs­ko­ope­ra­ti­on“; von „stra­te­gi­scher Part­ner­schaft“ war gar die Rede. Pikant ist, dass das von der PSA bean­stan­de­te, umstrit­te­ne Geschäft des HHLA-MSC-Deals in einer eben­falls „stra­te­gi­sche Part­ner­schaft“ beti­tel­ten Ver­ein­ba­rung gere­gelt wer­den soll.

Bei der PSA han­delt es sich um einen der welt­größ­ten inter­na­tio­nal agie­ren­den Hafen­kon­zer­ne, der unter ande­rem auch in euro­päi­schen Häfen in Por­tu­gal, Ita­li­en, Bel­gi­en und Polen über Ter­mi­nals ver­fügt. PSA hält den Ham­bur­ger Deal für rechts­wid­rig. Grund­sätz­lich muss die EU-Wettbewerbsbehörde sol­chen Geschäf­ten ihre Zustim­mung ertei­len, also auch dem Ver­kauf von 49,9 Pro­zent der HHLA-Anteile an MSC. Das bedeu­tet, dass jeder kon­kre­te Ein­spruch das stan­dard­mä­ßi­ge Prüf­ver­fah­ren ver­zö­gern kann. Aber die als Ent­wurf vor­lie­gen­de Ver­ein­ba­rung über die „stra­te­gi­sche Part­ner­schaft“ zwi­schen HHLA und MSC besagt, dass das Geschäft schei­tert, wenn nicht bis zum 20. Novem­ber alle erfor­der­li­chen Zustim­mun­gen, also auch die der EU-Kommission, vor­lie­gen. Selbst eine ergeb­nis­lo­se Prü­fung durch Brüs­sel könn­te folg­lich – allein durch Ver­zö­ge­rung wegen mul­ti­pler Beschwer­den – den Deal noch plat­zen lassen.

Part­ner­schaft“ auf Abwegen

Manch­mal offen­ba­ren sich wirk­lich skur­ri­le Zusam­men­hän­ge: Auf der einen Sei­te der SPD-Verteidigungsminister Pis­to­ri­us und sein Ver­bun­den­heits­be­kennt­nis zu Sin­ga­pur, auf der ande­ren Sei­te ein mög­li­cher­wei­se durch Beschwer­de Sin­ga­purs gestopp­ter HHLA-MSC-Deal als hef­ti­ge Schlap­pe für den Ham­bur­ger Senat unter der Füh­rung von SPD-Bürgermeister Peter Tsch­ent­scher – so schnell kann das Wort Part­ner­schaft Kaprio­len schlagen.

Ernst­haft blei­ben: Der Vor­stoß von PSA ist neben den anhal­ten­den Pro­tes­ten etwa sei­tens der Gewerk­schaf­ten oder der Lin­ken, die vorm Fei­er­tag gera­de den OECD-Schifffahrtsexperten Olaf Merk zur Dis­kus­si­on gela­den hat­te, nicht der ein­zi­ge Wider­stand, dem sich die poten­zi­el­len Part­ner Ham­burg und MSC aus­ge­setzt sehen. Kürz­lich erst hat­te auch der hafen­po­li­ti­sche Spre­cher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wie­se, bei der EU-Kommission Beschwer­de ein­ge­legt. Er kri­ti­siert – eben­so wie etwa Bür­ger­initia­ti­ven oder Ham­burgs Lin­ke – vor allem die man­gel­haf­te Trans­pa­renz der Ver­hand­lun­gen zwi­schen Senat und Ree­de­rei: „Kei­ne Aus­schrei­bung, kei­ne Bewer­tung nach aner­kann­ten Grund­sät­zen der Wirt­schafts­prü­fer, unab­hän­gi­ge Exper­ten durf­ten die Ver­trags­un­ter­la­gen nicht ein­se­hen“, wird Wie­se zitiert.

Zudem stört sich der Abge­ord­ne­te an der Abwick­lung des Akti­en­ver­kaufs an die MSC. Das gesam­te Geschäft sei mit rund 1,2 Mil­li­ar­den Euro bewer­tet wor­den, weil ein Akti­en­preis von 16,75 Euro zugrun­de­ge­legt wor­den ist. Die­se Fest­le­gung aber hält Wie­se für deut­lich zu nied­rig und ver­weist auf Exper­ten­mei­nun­gen, die von 2,8 oder gar 5,2 Mil­li­ar­den Euro aus­gin­gen. „Staats­ver­mö­gen darf nicht unter Wert ver­kauft wer­den“, sagt Wie­se und ver­tritt – unter Hin­weis auf Recht­spre­chung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs – die Auf­fas­sung, damit kön­ne mög­li­cher­wei­se der Tat­be­stand einer rechts­wid­ri­gen Bei­hil­fe in Höhe von meh­re­ren hun­dert Mil­lio­nen Euro erfüllt wor­den sein; und eben das müs­se die EU-Kommission nun prüfen.

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WATERKANT-Redaktion