Hapag-Lloyd: „Guter Auftakt“ – mit Schwächen

Nach dem Boom der Post-Pandemie-Jahre scheint sich die wirt­schaft­li­che Lage der Han­dels­schiff­fahrt in gewis­ser Wei­se wie­der zu „nor­ma­li­sie­ren“ – die Geschäf­te lau­fen rela­tiv gut, brin­gen aber deut­lich weni­ger Gewin­ne als in den ver­gan­ge­nen Jah­ren. Mit­te die­ser Woche hat auch Deutsch­lands größ­te Lini­en­ree­de­rei, der Ham­bur­ger Kon­zern Hapag-Lloyd, der­ar­ti­ge Quar­tals­er­geb­nis­se vor­le­gen müssen. 

Wäh­rend die Ree­de­rei selbst – sie ran­giert wei­ter­hin auf Platz 5 der Welt­bes­ten­lis­te der Con­tai­ner­schiff­fahrt – sich in ihrer aktu­el­len Pres­se­mit­tei­lung einen „guten Jah­res­auf­takt“ beschei­nigt, dra­ma­ti­sier­te das mari­ti­me Por­tal HANSA in sei­nem Bericht über die Drei-Monats-Bilanz des Kon­zerns: „Gewinn … geht um 84 Pro­zent zurück“. Und irgend­wie ist bei­des richtig.

Das Ham­bur­ger Unter­neh­men – die Han­se­stadt selbst hält nach wie vor knapp 14 Pro­zent der Antei­le – hat im ers­ten Quar­tal die­ses Jah­res gut drei Mil­lio­nen TEU trans­por­tiert, knapp sie­ben Pro­zent mehr als im Vorjahres-Vergleichszeitraum. Der Umsatz aller­dings ging um 25,7 Pro­zent zurück auf 4,17 Mil­li­ar­den Euro, das EBIT sank gar um knapp 80 Pro­zent auf 348 Mil­lio­nen Euro. Das Kon­zern­er­geb­nis fürs ers­te Quar­tal beläuft sich auf 299 Mil­lio­nen Euro, ent­spre­chend 84 Pro­zent weni­ger als im Vor­jah­res­quar­tal 2023.

Das alles klingt schlim­mer, als es der Vor­stand selbst ein­schätzt. Der kon­sta­tiert eine „posi­ti­ve Geschäfts­ent­wick­lung“ und pro­gnos­ti­ziert fürs lau­fen­de Geschäfts­jahr ein EBIT von rund einer Mil­li­ar­de Euro. Ver­gleichs­wei­se sei dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Hapag-Lloyd im Jah­re 2022 mit einem Umsatz von rund 34,5 Mil­li­ar­den Euro und einem Gewinn von 17,5 Mil­li­ar­den Euro ein gefei­er­tes Rekord­ergeb­nis erzielt hat­te – im ver­gan­ge­nen Jahr waren es dann nur noch gut drei Mil­li­ar­den Euro Jahresüberschuss.

Das dicke Minus des aktu­el­len Hapag-Zwischenergebnisses hat im Wesent­li­chen zwei Grün­de, die bei­de nichts mit der Ree­de­rei selbst, dafür aber mit glo­ba­len Ent­wick­lun­gen zu tun haben: Auch ande­re gro­ße Lini­en­ree­de­rei­en wie bei­spiels­wei­se Däne­marks Mærsk oder Frank­reichs CMA CGM muss­ten ver­gleich­ba­re Gewinn­ein­brü­che hin­neh­men. Zunächst ist da auf die erwähn­te Nor­ma­li­sie­rung der inter­kon­ti­nen­ta­len Lie­fer­ket­ten zu ver­wei­sen: Die Pan­de­mie­jah­re hat­ten hier nicht nur für Cha­os, son­dern auch für Rekord­ergeb­nis­se bei Umsät­zen und Pro­fi­ten gesorgt. In 2023 waren aber die Fracht­ra­ten wie­der dras­tisch gesun­ken. Der World Con­tai­ner Index des Lon­do­ner Bera­tungs­bü­ros Dre­wry etwa hat­te Anfang ver­gan­ge­nen Jah­res die Rate für einen 40-Fuß-Container mit 2135 US-Dollar bezif­fert, im April waren es 1710 $, im Juli 1474 $ und im Okto­ber 2023 schließ­lich 1389 $. Wobei zu beach­ten ist, dass sol­che Indi­zes immer nur einen Durch­schnitts­wert aus­ge­wählt unter­schied­li­cher, inter­kon­ti­nen­ta­ler Lini­en­ver­bin­dun­gen abbil­den können.

Ende ver­gan­ge­ner Woche indes mel­de­te Dre­wry einen Wert von 3159 $ – und das liegt am zwei­ten Grund für (nicht nur) Hapags Ergeb­nis: Unter ande­rem wegen der Was­ser­stands­pro­ble­me im Panama-Kanal, vor allem aber wegen der Angrif­fe der jeme­ni­ti­schen Ansa­rol­lah („Hut­his“) auf Han­dels­schif­fe im Roten Meer sind die welt­wei­ten Lie­fer­ket­ten wie­der in Schief­la­ge gera­ten. Es gibt Exper­ten, die an die Pan­de­mie erin­nern und kon­sta­tie­ren, nur dank dama­li­ger Erfah­run­gen wür­de die jet­zi­ge Kri­se glimpf­li­cher verlaufen.

Nach jüngs­ten Anga­ben des Indus­trie­ver­si­che­rers Alli­anz Com­mer­cial sind seit Novem­ber im und am Roten Meer mehr als 50 Han­dels­schif­fe atta­ckiert wor­den. Ree­de­rei­en ver­zich­ten auf die Suez-Passage, der Umweg um das Kap der Guten Hoff­nung aber kos­tet mehr Zeit und mehr Treib­stoff, was die Fracht­ra­ten stei­gen lässt. Ende Janu­ar hat­ten die laut Dre­wry einen Höchst­stand von 3964 $ erreicht. Die in vie­len Tei­len der Welt anzie­hen­de Kon­junk­tur lässt die Kapa­zi­täts­nach­fra­ge stei­gen, die jedoch kann dank einer rasant wach­sen­den Flot­te momen­tan noch auf­ge­fan­gen wer­den: Die lau­fen­de Inbe­trieb­nah­me immer neu­er – bei schlep­pen­dem Abwra­cken alter – Con­tai­ner­schif­fe treibt die welt­wei­te Kapa­zi­tät unauf­halt­sam an die 30-Millionen-TEU-Marke – und in den Order­bü­cher ste­hen laut dem Info-Portal Alpha­li­ner Schif­fe für wei­te­re knapp sechs Mil­lio­nen TEU.

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WATERKANT-Redaktion