In Hamburg ist gestern das mittlerweile das 33. Meeresumweltsymposium (MUS) des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zu Ende gegangen – eine mit bis zu 900 Teilnehmern einschließlich der gemeldeten Online-Registrierungen ausnehmend gut besuchte Zwei-Tages-Veranstaltung. Zu den vielen interessanten Sachthemen zählte aber auch eine etwas einseitige Präsentation aktueller CCS-Pläne.
Im Nachhinein betrachtet, wirkte die Debatte wie termingerecht geplant: Einen Tag, bevor das Bundeskabinett seinen umstrittenen CCS-Gesetzentwurf verabschieden sollte, war das 33. MUS am Dienstag eröffnet worden – mit einem Schwerpunkt eben zur umstrittenen Langzeit-Kohlendioxid-Speicherung unter dem Meeresboden, auch der Nordsee; die gebräuchliche Abkürzung CCS steht für den eigentlich irreführenden englischen Begriff Carbon Capture and Storage.
Die inzwischen schon traditionell zu nennende Veranstaltungsreihe wird Jahr für Jahr vom BSH gemeinsam mit Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt (UBA) und Bundesamt für Naturschutz organisiert. Sie stand auch dieses Mal wieder unter dem Motto – BSH-Präsident Helge Heegewaldt gab es eingangs vor –, „den Schutz und die Nutzung der Meere in Einklang zu bringen“; was bekanntlich die wirtschaftsfreundliche Interpretation des Begriffs „Nachhaltigkeit“ ist.
Das Meer sei als CO2-Speicher der größte Verbündete im Klimaschutz, eröffnete Ulrike Döring vom UBA den entsprechenden Themenblock, in dem dann zwei von vier Referaten von Experten der Forschungsmission CDRmare bestritten wurden. Dabei handelt es sich um ein Projekt des Forschungsverbunds Deutsche Allianz Meeresforschung in Kooperation mit mehreren Firmen: Die Abkürzung CDR steht für Carbondioxide Removal (CO2-Entnahme) – und mare für den geplanten Speicherort.
CCS-Missionare…
Klaus Wallmann und Andreas Oschlies vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel referierten quasi als „Missionare“ dieses Projekts. Wallmann, seit vielen Jahren bei vielen Gelegenheiten engagierter Verfechter von CCS, skizzierte eifrig die Chancen des Verpressens von CO2 in den Meeresuntergrund. Hauptargument: Andere, Norwegen etwa, machten das ja schon lange. Unerwähnt blieb, dass neben vielen Experten – WATERKANT berichtete kürzlich – auch Institutionen wie etwa der Europäische Rechnungshof Vorbehalte gegen CCS geltend gemacht haben. Deutlich wurde Wallmanns Haltung unter anderem, als er zunächst verharmloste, bei eventuellen Leckagen sei der Schaden gering – um in der Folgediskussion einräumen zu müssen, wenn es „trotzdem leckt“, werde es schwierig. Oschlies assistierte in gewisser Weise, indem er alternative „meeresbasierte Methoden“ einer gezielten CO2-Entnahme vorstellte, aber überwiegend kleinredete. Wallmann musste aber zugeben, dass die CCS-Verfahren immens teuer würden.
Zentraler Schwerpunkt des zweiten Symposiums-Tages war ein Problem, das nach Jahrzehnten Ignoranz nun zwar systematisch angegangen wird, dem bislang aber noch immer gesicherte Langzeit-Finanzierung fehlt: Die Bergung und Entsorgung von Munitionsaltlasten im Meer. Vor knapp 30 Jahren schon hatten Meeresumweltschützer das Ausmaß dieses Problems enthüllt, ihre Lösungsforderungen blieben aber amtlicherseits lange ignoriert. Seit wenigen Jahren gibt es nun zwar einen Plan, dessen Anfänge in Hamburg vorgestellt wurden: Organisierte Erkundung des Meeresgrunds zunächst in der Ost-, später in der Nordsee soll in gezielte Bergung münden, um dann die Funde in einer noch zu entwickelnden Industrieanlage gewissenhaft unschädlich zu machen. Aber obwohl die Umsetzung vielfach als „Jahrhundertaufgabe“ beschrieben wird, reichen bisherige Finanzierungszusagen nur bis 2026. Dabei sind längst Folgeschäden wie etwa Giftbelastung von Fischen bekannt, beim MUS wurden einige präsentiert.
Das diesjährige MUS war von dem Wissenschaftsjournalisten Dirk Steffens mit einem Leitvortrag eröffnet worden. Ohne Emotionen, appellierte er, blieben Fakten häufig wirkungslos, man müsse zu vermittelnde Wahrheiten in gute Erzählungen kleiden, um sie „rüberzubringen“. Er lieferte dafür zwar mehrere plastische Beispiele, für die er mit viel Beifall belohnt wurde. Das Symposium selbst gestaltete sich dann zwar spannend, aber weitgehend emotionsarm: Probleme mit eingeschleppten Arten, die Bestandskrise für Dorsch und Hering in der Ostsee, Perspektiven der Offshore-Windkraft und anderes mehr. Nur der originelle Science-Slam-Wettbewerb sorgte abschließend für unterhaltsame Aufmischung.