HHLA-MSC-Deal: ein Fall von „union busting“

Seit neun Mona­ten wird in Ham­burg hef­tig gestrit­ten um den geplan­ten Ein­stieg der Schwei­zer Groß­ree­de­rei MSC beim (noch) über­wie­gend staats­ei­ge­nen Hafen­lo­gis­tik­kon­zern HHLA. Heu­te Vor­mit­tag hat die­ser Streit einen wei­te­ren Höhe­punkt erlebt – bei einer Kund­ge­bung in Hamburg-Barmbek. 

Dort resi­diert unter ande­rem das Arbeits­ge­richt der Han­se­stadt – und dort ist laut Gewerk­schaft ver.di ab 10:30 Uhr pro­tes­tiert wor­den gegen die jüngst ver­kün­de­te frist­lo­se Kün­di­gung eines enga­gier­ten Gewerk­schaf­ters bei der Fir­ma Med­re­pair. Das ist eine hun­dert­pro­zen­ti­ge Toch­ter eben jener Groß­ree­de­rei, „die sich gera­de im Ver­bund mit dem Ham­bur­ger Senat anschickt, den Ham­bur­ger Hafen zu schlu­cken“, so ver.di in einem aktu­el­len Flug­blatt. Med­re­pair repa­riert beschä­dig­te Con­tai­ner, das inter­na­tio­na­le Unter­neh­men beschäf­tigt in sei­nen deut­schen Stand­or­ten Ham­burg und Bre­mer­ha­ven mehr als 50 Leu­te. Bei dem gekün­dig­ten Kol­le­gen han­delt es sich um den Betriebs­rats­vor­sit­zen­den Sla­wa Fur, der sich, wie ver.di schreibt, in sei­ner Tätig­keit immer „kon­se­quent für die Kol­le­gen im Betrieb ein­ge­setzt“ habe – wofür er jetzt von der Geschäfts­füh­rung „die Quit­tung bekom­men“ habe.

Die Gewerk­schaft ver­langt vor dem Arbeits­ge­richt „die Rück­nah­me der Kün­di­gung und die unbe­fris­te­te, bedin­gungs­lo­se Wie­der­ein­stel­lung unse­res Kol­le­gen“ – samt Wie­der­auf­nah­me sei­ner Tätig­keit als Betriebs­rats­vor­sit­zen­der. André Kret­sch­mar, Lan­des­be­zirks­lei­ter des für mari­ti­me Wirt­schaft zustän­di­gen Fach­be­reichs bei ver.di, zieht eine direk­te Ver­bin­dungs­li­nie zum aktu­el­len Streit um den MSC-Einstieg bei der HHLA: „Dass hier eine MSC-Tochter so gegen enga­gier­te Betriebs­rä­te vor­geht, soll­te zu den­ken geben. Wenn dies das Zei­chen ist, das MSC für den zukünf­ti­gen Umgang mit Arbeit­neh­mer­ver­tre­tern im Kon­zern geben will, dann schei­nen sich die Befürch­tun­gen zu bestä­ti­gen, dass MSC spä­tes­tens nach fünf Jah­ren die Arbeit­neh­mer­rech­te weit­ge­hend zurück­schrau­ben will.“

Maxi­ma­le Intransparenz“

Die Ein­zel­hei­ten des geplan­ten Deals zwi­schen dem umstrit­te­nen Fami­li­en­kon­zern MSC und dem Ham­bur­ger Senat – gera­de erst hat ein aktu­el­ler ZEIT-Podcast die­sem Geschäft „maxi­ma­le Intrans­pa­renz“ beschei­nigt – hat­ten kürz­lich in einer Sit­zung zwei­er Aus­schüs­se der Bür­ger­schaft zu hef­ti­ger Kri­tik nicht nur der Oppo­si­ti­on, son­dern auch eini­ger weni­ger SPD-Mitglieder geführt, letzt­lich stimm­ten bei­de Aus­schüs­se aber zu.

Juris­tisch unter­stüt­zen las­se sich Med­re­pair im aktu­el­len Ver­fah­ren, so ver.di, „von dem bun­des­weit bekann­ten Arbeitgeber-Rechtsanwalt Hel­mut Nau­joks, der Kanz­lei­en in Ham­burg, Düs­sel­dorf und Frank­furt unter­hält. Er gibt regel­mä­ßig Semi­na­re, in denen er Arbeit­ge­ber­ver­tre­tern Wege auf­zeigt, wie mit Betriebs­rä­ten mit juris­ti­schen (und nicht-juristischen) Mit­teln umge­gan­gen wer­den kann.“ Damit habe sich „die MSC-Tochter Med­re­pair einen ‚union-busting‘-Anwalt aus­ge­sucht, der bun­des­weit für sein geziel­tes Vor­ge­hen gegen Betriebs­rä­te im Auf­trag sei­ner Man­dan­ten unter­wegs ist.“ Nach Anga­ben des lin­ken Netz­werks labour­net soll Nau­joks Kanz­lei bereits an ähn­li­chen Fäl­len etwa bei den Marseille-Kliniken, dem Fraport-Dienstleister I-SEC oder bei Bur­ger King betei­ligt gewe­sen sein – aller­dings nicht immer erfolg­reich im Sin­ne sei­ner jewei­li­gen Auf­trag­ge­ber. Ob er auch, wie gele­gent­lich behaup­tet, für die Papen­bur­ger Mey­er Werft tätig war, ist laut labour­net umstritten.

Der Ham­bur­ger ver.di-Gewerkschaftssekretär Lars Stub­be sieht in dem Med­re­pair-Fall „eine Zuspit­zung betrieb­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen, die unter einem juris­ti­schen Deck­män­tel­chen geführt wer­den. Ein­fa­chen Beschäf­tig­ten sol­len die demo­kra­ti­schen Rech­te genom­men wer­den, die sie im Betrieb haben. Dies ist him­mel­schrei­en­des Unrecht.“

Nach­trag:

Schnel­lig­keit scheint auch bei der Ham­bur­ger Jus­tiz nicht zu den her­aus­ra­gen­den Merk­ma­len zu gehö­ren: Nach der heu­ti­gen Arbeitsgerichts-Verhandlung ist die Ent­schei­dung in die­sem Fall auf Don­ners­tag, den 29. August 2024, fest­ge­setzt wor­den: Nahe­zu drei Mona­te Unge­wiss­heit für den Kol­le­gen Sla­wa Fur…

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WATERKANT-Redaktion