Stillstand in kanadischen Häfen

Seit Mon­tag die­ser Woche haben sich gleich meh­re­re Tarif­strei­tig­kei­ten in wich­ti­gen kana­di­schen Häfen dras­tisch zuge­spitzt. An vie­len Kajen herrscht Still­stand, Han­dels­or­ga­ni­sa­tio­nen pro­tes­tie­ren und for­dern Ein­grei­fen der Regierung. 

Am 4. Novem­ber um 8 Uhr loka­ler Zeit soll­te in den Häfen der Pazi­fik­küs­te ein zunächst auf 72 Stun­den befris­te­ter Hafen­ar­bei­ter­streik begin­nen. Der zugrun­de­lie­gen­de Tarif­streit dau­ert bereits mehr als ein Jahr, der jüngs­te Tarif­ver­trag war Ende März 2023 aus­ge­lau­fen. Die zustän­di­ge Gewerk­schaft, die Inter­na­tio­nal Long­shore and Warehouse Uni­on (ILWU), hat den Streik ord­nungs­ge­mäß ange­zeigt – Kana­das Streik­recht ist stark regle­men­tiert und für hie­si­ge Ver­hält­nis­se kompliziert.

Letz­te Ver­hand­lun­gen der ILWU mit dem Ver­band der Hafen­be­trei­ber, der Bri­tish Colum­bia Mari­ti­me Employ­ers Asso­cia­ti­on (BCMEA), unter Auf­sicht eines Bun­des­schlich­ters waren kurz zuvor geschei­tert. Wäh­rend aber die ILWU aus­drück­lich nur „begrenz­te Arbeits­kampf­maß­nah­men“ – ein Über­stun­den­ver­bot – plan­te, ant­wor­te­te die BCMEA mit sofor­ti­ger Eska­la­ti­on: Sie droh­te eine mas­si­ve Aus­sper­rung an, nach Anga­ben des loka­len ILWU-Vorsitzenden Frank More­na ein durch­schau­ba­res Manö­ver, um die Bun­des­re­gie­rung zum Ein­grei­fen in den Kon­flikt zu zwingen.

Eigent­lich han­del­te es sich um einen Streit mit nur einem ein­zi­gen Ter­mi­nal­be­trei­ber: Der glo­ba­le Kon­zern DP World des Emi­rats Dubai betreibt an Kana­das West­küs­te vier Ter­mi­nals, drei in der Regi­on Van­cou­ver und einen im nörd­li­che­ren Prin­ce Rupert. Kon­zern­chef Sul­tan Ahmed bin Sulay­em erklärt zwar auf der DP-World-Webseite groß­spu­rig: „Unse­re Mit­ar­bei­ter sind unse­re wert­volls­te Stär­ke“, tat­säch­lich aber dreht sich der aktu­el­le Kon­flikt wie­der um Per­so­nal­ab­bau im Zusam­men­hang mit geplan­ter Auto­ma­ti­sie­rung; bekannt­lich ein Reiz­the­ma für Hafen­ar­bei­ter in Kana­da und den USA.

Mehr­fach hat­te die ILWU erklär­te, einen „bran­chen­wei­ten Kon­flikt“ ver­mei­den und direkt mit DP World ver­han­deln zu wol­len. Das aller­dings hat­te das Cana­da Indus­tri­al Rela­ti­ons Board (CIRB), die natio­na­le Auf­sichts­be­hör­de unter ande­rem für Tariffra­gen, unter­sagt: Ver­hand­lun­gen mit nur einem Arbeit­ge­ber sei­en unzu­läs­sig. Zuvor hat­ten lan­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen sowohl mit ILWU als auch BCMEA eine Klä­rung bereits ver­zö­gert, wobei sich nach Gewerk­schafts­an­ga­ben die CIRB schließ­lich expli­zit gegen die Gewerk­schaft gestellt, einer BCMEA-Einlassung aber teil­wei­se statt­ge­ge­ben haben soll.

Van­cou­ver ist Kana­das größ­ter Hafen und hat in jün­ge­rer Zeit schon meh­re­re Aus­ein­an­der­set­zun­gen erlebt – unter ande­rem im Sep­tem­ber mit Streiks an sechs Getrei­de­ter­mi­nals, im August stör­ten Arbeits­kämp­fe bei Kana­das Eisen­bah­nen die Abläu­fe, im Jahr zuvor hat­ten die Docker bereits wegen Auto­ma­ti­sie­rung gestreikt. Im aktu­el­len Kon­flikt haben die ILWU-Mitglieder zu 96 Pro­zent für Streiks gestimmt.

Mehr als 100 Orga­ni­sa­tio­nen von Han­dels­kam­mer über Automobil- und Dün­ge­mit­tel­bran­che bis hin zu Ein­zel­han­del und Berg­bau hat­ten die Regie­rung auf­ge­for­dert, alles zu tun, um den Streik abzu­wen­den. Den­noch hat die BCMEA am Mon­tag ver­gan­ge­ner Woche ihre pro­vo­kan­te Dro­hung wahr gemacht: Sie ver­häng­te die ange­kün­dig­te Aus­sper­rung – der Umschlag­be­trieb in Van­cou­ver, Prin­ce Rupert oder Nana­i­mo liegt seit­her brach.

An die­sem Wochen­en­de hat­te die Bun­des­schlich­tungs­stel­le die Tarif­par­tei­en zu erneu­ten Ver­hand­lun­gen auf­ge­for­dert, die aller­dings sind laut einer Mel­dung von CBC News bereits am Sonn­tag wie­der abge­bro­chen wor­den: Die BCMEA, heißt es, habe auf ihrer Web­sei­te mit­ge­teilt, es sei­en „kei­ne Fort­schrit­te erzielt“ und vor­erst „kei­ne wei­te­ren Tref­fen geplant“.

Die Blo­cka­de der West­küs­ten­hä­fen trifft Kana­da um so här­ter, als par­al­lel auch im zweit­größ­ten Hafen im öst­lich gele­ge­nen Mont­re­al seit Don­ners­tag wie­der gestreikt wird: Die Docker zwei­er Con­tai­ner­ter­mi­nals haben einen unbe­fris­te­ten Arbeits­kampf begon­nen, nach­dem ein 3-Tage-Streik im Okto­ber erfolg­los geblie­ben war: Der Ter­mi­nal­be­trei­ber Ter­mont will ihnen die bis­lang übli­che Bezah­lung von Bereit­schafts­diens­ten ersatz­los streichen.

 

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WATERKANT-Redaktion