„Wir werden der Infrastruktur auch mit Blick auf die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands eine neue Priorität geben müssen“, zitierte das maritime Fachblatt THB Anfang vergangener Woche Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Es ging unter anderem auch um die Bundesförderung der Seehäfen – wieder einmal, denn bekanntlich wird um diese Bezuschussung schon lange heftig gestritten.
Seit 20 Jahren zahlt der Bund eine Jahr für Jahr gleiche Summe von exakt 38.346.000 Euro als „Hafenlastenausgleich“ für alle Seehäfen zwischen Emden und Stralsund. Während Hamburg anteilig knapp 21 Millionen Euro erhält und Bremen etwas mehr als 10,7 Millionen, müssen sich die drei Küstenländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern die übrigen knapp 6,7 Millionen Euro teilen. Gefördert werden sollen „besonders bedeutsame Investitionen“ etwa zur „Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur von Seehäfen“ durch Bau oder Ausbau von Hafenanlagen. Ziel ist vor allem, die Seehäfen im Vergleich zur Konkurrenz etwa mit Rotterdam oder Antwerpen wettbewerbsfähig zu machen oder zu halten.
Uralt-Regelung
Die Anfang 2005 in Kraft getretene Änderung des Hafenlastenausgleichs geht zurück auf eine Neuregelung durch die erste SPD-/Grünen-Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder von 2001. Schon damals übrigens war die Marge von rund 38 Millionen Euro für fünf Küstenländer bemerkenswert gering – umgerechnet rund sechs Millionen Euro niedriger als etwa 1958-1986 (also vor Vereinnahmung der DDR) an Hamburg, Bremen und Niedersachsen gezahlt wurden; Schleswig-Holstein ging zu jener Zeit leer aus.
Wie schon wiederholt berichtet, wird diese Höhe des Hafenlastenausgleichs seit langem nicht nur von den Küstenländern selbst, sondern auch von der maritimen Wirtschaft insgesamt – Reeder, Hafenbetreiber, Gewerkschaften – scharf kritisiert. Als im Herbst 2023 Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor der 13. Nationalen Maritimen Konferenz (NMK) einräumte, der Bund habe die Häfen jahrelang vernachlässigt, dann aber auf finanzielle Zusagen verzichtete, erntete er Gelächter. Als seine nun geplatzte Ampel-Regierung im Frühjahr dieses Jahres stark verspätet ihre „Nationale Hafenstrategie“ (NHS) vorlegte und darin wieder nur eine Erhöhung der Seehäfenförderung ankündigte, ohne diese konkret zu beziffern, haben Küstenländer, Handelskammern und Branchenverbände dies in unterschiedlichen Tönen kritisiert.
Immer wieder ist seit vielen Jahren – auch schon unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel – die Forderung erhoben worden, den Hafenlastenausgleich kräftig zu erhöhen. Zur NMK 2023 waren mindestens 400 Millionen Euro jährlich im Gespräch. Dabei wurde klar festgestellt, dass dies bestenfalls ausreiche, um überfällige Investitionen nachzuholen – Zukunftsfähigkeit nicht zuletzt unter dem Aspekt angestrebter Klimaneutralität oder verbesserter Schienenanbindungen im Zuge einer Mobilitätswende verlange noch deutlich mehr.
„Verteidigung“ soll helfen
Nun haben die fünf Küstenländer in Oldenburg (dort hat sich Lies mit seinen norddeutschen Ressortkollegen getroffen) das Thema erneut aufgegriffen. Da weder die Wettbewerbsfrage – europäische Konkurrenzhäfen bauen und modernisieren seit Jahren kräftig – noch die angestrebte Umsetzung der Klimaziele bislang ausreichten, um genügend Druck aufzubauen, muss jetzt also die Scholz’sche „Zeitenwende“ als weiteres Argument herhalten. Zwar grenzt sich Lies mit seiner Wortwahl „Verteidigungsfähigkeit“ von Parteifreund Boris Pistorius und dessen Ruf nach „Kriegstauglichkeit“ geringfügig ab. Aber Anfang 2025 wollen alle fünf Länder ein gemeinsames „Positionspapier zur Verteidigungsindustrie“ unter Einschluss der maritimen Wirtschaft verabschieden. Für das Land Bremen kündigte dessen Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) zudem an, noch vor Weihnachten im Bundesrat einen gemeinsamen Antrag der Küsten-Fünf einreichen zu wollen, um – wie im Spätsommer bereits angeregt – Erlöse aus den Offshore-Windkraft-Ausschreibungen in die Hafeninfrastruktur zu investieren.
Unterstützung kam vergangene Woche vom Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), der auf seiner Jahrespressekonferenz in Hamburg die jährliche Zuschuss-Forderung schon mal auf künftig 500 Millionen Euro hochschraubte. ZDS-Präsidentin Angela Titzrath vom HHLA-Vorstand verlangte, das im Regierungsprogramm der nächsten Bundesregierung festzuschreiben. – „Der Bund steht zur gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Hafeninfrastrukturen“, hieß es dazu im Ampel-Koalitionsvertrag lapidar – das dürfte künftig nicht mehr genügen.