In Australien stehen kurz vor der nationalen Parlamentswahl am ersten Mai-Wochenende mehrere große Containerhäfen vor einem neuen Konflikt: Das global aktive Hafenunternehmen Dubai Ports World (DP World), das in Melbourne, Sydney und Brisbane mehrere große Terminals betreibt, schickt sich an, dort den vor etwas mehr als einem Jahr mühsam erzielten Tariffrieden wieder zu brechen.
Vor etwas mehr als einem Jahr hatte es an allen drei Standorten eine heftige Auseinandersetzung gegeben zwischen Betreiber DP World – das Unternehmen gehört der Herrscherfamilie des arabischen Emirats Dubai – und der starken nationalen Hafenarbeiter-Gewerkschaft Maritime Union of Australia (MUA). Erst nach diversen Arbeitskämpfen konnte dieser Streit mit einem auch unter Einfluss der amtierenden Labour-Regierung erzielten Abkommen beigelegt werden. Diesen Tariffrieden scheint DP World Australia jetzt nach Angaben der MUA brechen zu wollen: Der Konzern hat nämlich angekündigt, in den drei Terminals mehr als 600 Millionen AUD (umgerechnet rund 338 Millionen Euro) „in den Ersatz qualifizierter australischer Hafenarbeiter durch automatisierte Anlagen und Geräte“ investieren zu wollen. Die MUA behauptet, dass diese Ankündigung das vor mehr als einem Jahr erzielte Abkommen verletze, denn darin seien vor folgenreichen Änderungen gemeinschaftliche Konsultationen festgelegt worden.
Sowohl die Gewerkschaft als auch mehrere Medien und Beobachter schließen nicht aus, dass das Vorgehen von DP World mit der bevorstehenden Wahl und einem – von vielen Seiten prognostizierten – eventuell folgenden Regierungswechsel zusammenhängen könnte: Möglicherweise, so wird gemutmaßt, erwarte man sich in Dubai von einer künftig wieder konservativen Regierung mehr Unterstützung in einem solchen Konflikt. 2024, unter Labour-Regierungschef Anthony Albanese, hatte sich die Fair Work Commission, die nach nationalem Arbeitsrecht zuständige staatliche Schlichtungsbehörde, auf die Seite der MUA gestellt. DP World wollte damals unter anderem massive Lohnkürzungen durchsetzen. Albanese selbst hatte es hingegen als „fair“ bezeichnet, auch die Docker an den hohen DP-World-Gewinnen teilhaben zu lassen.
Hohe Gewinne, keine Steuern
Der Konzern aus Dubai, der nach MUA-Angaben keine australischen Steuern zahlt, wolle unter anderem die Hafenarbeiter, die die Containerbrücken an den betroffenen Terminals fahren, durch Roboterkräne ersetzen. DP World habe im vergangenen Jahr seine landseitigen Gebühren für Unternehmen und Kunden um bis zu 52 Prozent erhöht, rechnet die MUA vor, und daraufhin bei einem Jahresumsatz von 825 Millionen AUD (465 Millionen Euro) Gewinne zwischen 63 und 96 Millionen AUD (35-54 Millionen Euro) erzielt. Australische Spitzenverbände der Logistik hatten auf die Erhöhungen mit Empörung reagiert, weil dies einerseits Exporteure und Endverbraucher schwer belaste, andererseits aber angesichts massiver Verspätungen und Pannen in den Lieferketten ungerechtfertigt sei.
Angesichts dessen argumentiert die MUA jetzt mit – nicht näher bezeichneten – Untersuchungen aus internationalem Containerbetrieb, wonach automatisierte Terminals weniger produktiv seien als solche, die mit hochqualifizierten Dockern und Stauern arbeiteten. Zudem hätten automatisierte Anlagen deutlich höhere Wartungskosten; selbst kleinere oder vereinzelte Ausfälle führten oft zum Stillstand des gesamten Terminalbetriebs. Schließlich werde eine 600-Millionen-AUD-Investition mit Sicherheit die Preise weiter ansteigen lassen.
Mit ein bisschen Süffisanz verweist die MUA auf einen langjährigen nationalen DP-World-Konkurrenten, den Hafenbetreiber Patrick Terminals, mit dem die Gewerkschaft 1998 den legendären „Waterfront Krieg“ ausgefochten hatte: So ungefähr nach dem Motto „es geht auch anders“ berichtet die Gewerkschaft, dass Anfang dieses Monats – demonstrativ zum 27. Jahrestag jenes Konflikts! – mit Patrick vorzeitig ein neues Abkommen geschlossen worden sei, das bis 2028 gilt und neben stetigen Lohnerhöhungen auch einen Antrittsbonus sowie garantierten Verzicht auf betriebsbedingte Entlassungen und Outsourcing vorsieht. „Dubai Ports hat in diesem Land eine schlechte Erfolgsbilanz“, so die MUA, „jedes Mal, wenn sie einen Kampf mit der MUA beginnen, verlieren sie“.
Update 6. Mai 2025: Die Wahl hat Albanese einen rekordträchtigen Wahlsieg beschert. Seine Labour Partei errang 94 von 150 Sitzen im House of Representatives und 40 von 76 im Senat.