Die Debatte über Klimawandel und seine vorhersehbaren oder möglichen Folgen treibt manche Politiker zu skurrilen Vorschlägen – so etwa auch entlang der Elbe, die zum Schutze Hamburgs vor klimabedingter Überflutung ja mittels eines Sperrwerks von der Nordsee abgeschottet werden könne: Klappe zu, Elbe dicht?
Es ist mehr als 30 Jahre her, dass der SPIEGEL diese bissige Frage formulierte: Ausgehend von den Erfahrungen unter anderem der Sturmflut vom Februar 1962 wies das Magazin bereits im November 1987 auf steigende Meeresspiegel und sich häufende Nordweststürme hin; beides führe dazu, dass Fluten wuchtiger denn je elbaufwärts liefen. Fachleute hatten schon damals zu einem schnellen Ausbau des Hochwasserschutzsystems geraten, „am besten durch ein gigantisches Sperrwerk quer durch die Unterelbe“.
An diese vier Seiten lange SPIEGEL-Geschichte von vor mehr als 30 Jahren fühlte man sich erinnert, als jüngst Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) ein Sperrwerk an der Elbe-Mündung zur Nordsee ins Gespräch brachten: als „Vorsorge“ gegen Hochwasserkatastrophen infolge des Klimawandels!
„Dieser Vorschlag ist an Absurdität kaum zu überbieten“, ätzte daraufhin Malte Siegert vom Landesverband Hamburg des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und bescheinigte beiden Politikern „wenig Sachverstand und Sensibilität“ für das durch die früheren Ausbaggerungen und die laufende Umsetzung der Elbvertiefung erheblich geschädigte Ökosystem. Mit der Elbvertiefung habe man wissentlich die Sturmflutrisiken an der Elbe selbst erhöht. Ein Sperrwerk als Lösung sei eine Idee von vorgestern – siehe oben: sehr richtig! – und werde den künftigen Herausforderungen durch die Klimakrise nicht gerecht. Zudem sei es nicht hinnehmbar, während der aktuell laufenden Elbvertiefung bereits den nächsten Großeingriff in das sensible Ökosystem Elbe ins Visier zu nehmen. Bereits die im Rahmen der aktuellen Elbvertiefung durchgeführten Bauarbeiten an der Grenze des UNESCO-Welterbegebiets Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer drohten der Flussmündung einen großen ökologischen Schaden zuzufügen. Der Plan zeuge von großer Ignoranz für die Belange des Wattenmeer-Welterbegebietes.
Quellen: DER SPIEGEL vom 30. November 1987,
NABU-Pressemitteilung vom 11. Oktober 2019