Laut einer Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (BMU) ist Deutschland Anfang dieses Monats der „Global Ocean Alliance“ beigetreten, einer internationalen Initiative, die „ambitionierte Schutzmaßnahmen für Meere und Ozeane“ unterstütze. Aber wer ist diese Allianz?
Die „Global Ocean Alliance“ (GOA) geht auf eine Idee der Regierung Großbritanniens zurück. Im Herbst 2019, während Boris Johnson noch mit dem angestrebten Austritt aus der Europäischen Union befasst war, initiierten seine damalige Umweltministerin Theresa Villiers und deren Staatsminister Robin „Zac“ Goldsmith die Gründung der GOA mit dem vorrangigen Ziel, sich auf UNO-Ebene für den Schutz von mindestens 30 Prozent der weltweiten Meere und Ozeane bis zum Jahr 2030 einzusetzen. In früheren Jahrhunderten wurde der maritime Anspruch der Briten zusammengefasst in dem Spruch „Britannia Rules the Waves“, das war bekanntlich mit viel militärischem Engagement und Blutvergießen verbunden. Heute formuliert die Johnson-Regierung die Parole „Britannia Protects the Waves“…
Bisherige Mitglieder der GOA sind neben Großbritannien die fünf Commonwealth-Staaten Belize, Kenia, Nigeria, Seychellen und Vanuatu, ferner Belgien, Costa Rica, Finnland, Gabun, Palau, Portugal und Schweden; und nun Deutschland. Die GOA-Gründung ist laut britischer Regierungsmitteilung vom September 2019 einzuordnen in die angeblich führende Rolle, die man sich im globalen Meeresschutz zuschreibt – ein Kuriosum für alle, die hierzulande das zweifelhafte Vergnügen hatten, in den vergangenen Jahrzehnten Großbritanniens Vorgehensweise etwa bei den Internationalen Nordseeschutz-Konferenzen (INK, 1984-2006) verfolgen zu dürfen. Dazu passt, dass noch im Herbst 2019 die GOA-Gründung eingeordnet wurde in die bereits bestehende nationale Initiative, „bis 2020 mehr als 50 Prozent der Gewässer des Vereinigten Königreichs und der Überseegebiete zu schützen“ – das Ziel müsste ja eigentlich jetzt fast erreicht sein, oder?
Die Sache mit der Nachhaltigkeit
Beschlossen wurde diese Initiative im Jahre 2016 unter dem Etikett „Blue Belt“, sie bekämpft zwar mit etlichen Millionen Pfund Unterstützung die Plastikvermüllung der Meere, entwickelt gemeinsam mit der „Zoological Society of London“ und anderen Programme zum Artenschutz oder gegen Fischerei in sensiblen Gebieten, unterstützt in Karibik und Pazifik diverse „Small Island Developing States“ (SIDS) und bilanziert, man habe inzwischen 355 Meeresschutzgebiete in britischen Gewässern ausgewiesen (Stand: 2019). Aber sie verfolgt auch – wen wundert’s? – die bekannten Ziele der so genannten nachhaltigen Bewirtschaftung der Meere. Insofern könnte man das Etikett „Blue Belt“ auch – sarkastisch – als programmatische Ansage interpretieren: Es soll einen blauen, geschützten Gürtel geben, damit in allen anderen Meeresteilen mehr oder weniger ungeschützt gewirtschaftet werden kann…
Und nun soll dies mittels der GOA-Initiative global vorangetrieben werden: Das „30x30“-Ziel soll bei den Verhandlungen sowohl über das angestrebte Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) als auch über das UN-Abkommen zum Schutz der Biodiversität in Meeresgebieten jenseits nationaler Rechtsprechung (BBNJ) eingebracht und rechtllich verankert werden. Es sind nach dem deutschen Beitritt zwar erst 14 Staaten, die das weltweit unterstützen; trotzdem könnte es ein Anfang sein – wenn es gelänge, die Nutzungsaspekte in den Vereinbarungen zumindest zurückzudrängen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat schon in der Pressemitteilung ihrer Behörde von Anfang an betont: „Klar ist aber auch: Wir brauchen neben Schutzgebieten eine nachhaltige Nutzung auf allen Meeren. Dafür setzt sich Deutschland jetzt an der Seite seiner Partner in der ‚Global Ocean Alliance‘ ein.“
Ja, ja – die Sache mit der Nachhaltigkeit…