Zum heutigen „Internationalen Tag des Seefahrers“, den IMO und UNO seit 2010 jährlich ausrufen, fordert das Bündnis „Fair übers Meer!“ in einer Pressemitteilung, die dramatische Lage der 200.000 Seeleute auf Schiffen und in Häfen weltweit während der Coronakrise zu beachten und den betroffenen Arbeitern notwendige psychische und physische Unterstützung zu gewähren.
Seeleute sind ein essentielles Glied in den globalen Lieferketten – 90 Prozent der weltweiten Güter werden auf dem Seeweg transportiert. Ohne Seeleute würde kein Schiff den Hafen sicher erreichen und weder Lkw, Güterzug noch Binnenschiff im Anschluss beladen werden können. Derzeit sitzen etwa 200.000 Seeleute auf ihren Schiffen fest – ohne Möglichkeit die Schiffe zu verlassen, geschweige denn heimzukehren. Doch obwohl ihre Arbeit so essentiell für den globalen und europäischen Warenverkehr ist, findet ihre besonders schwierige Situation in Zeiten der Pandemie wenig Beachtung und Unterstützung.
Nelly Grotefendt, Referentin für Handelspolitik des „Forum Umwelt und Entwicklung“ (FUE), kritisiert insbesondere die Absage von Crewwechseln: „Aufgrund der Pandemieauflagen finden viele Schiffe keinen Hafen, Seeleute nach Hause reisen zu lassen und andere an Bord zu holen. In der aktuellen Pandemie müssen Seeleute ihre Verträge verlängern, statt heimzukehren. Seeleuten müssen Grenzüberschreitungen ermöglicht werden, damit sie weltweit abgelöst werden und in ihre Heimatländer zurückreisen können.“ Diese enorme monatelange physisch und psychische Belastung für die Seeleute erhöht zudem die Unfallgefahr und die gesundheitlichen Schäden durch die Arbeit. Daher spielt Landgang in den Häfen für die psychische und physische Gesundheit eine zentrale Rolle.
Matthias Ristau, Seemannspastor der Nordkirche: „Zurzeit ist fast nirgendwo auf der Welt Landgang erlaubt, in fast keinem Hafen. Dies lässt sich nur begrenzt mit der Eindämmung von COVID-19 rechtfertigen. Es muss möglich sein, wenigstens im Hafen von Bord zu gehen, sich mit Dingen des persönlichen Bedarfs einzudecken und eine geschützte Beförderung zu Sozialeinrichtungen in den Häfen, wie der Seemannsmission, zu ermöglichen.“ Düster sieht es aus, sollte es zu COVID-19-Fällen an Bord kommen. Die Versorgung wäre schwierig, das Risiko der Ansteckung untereinander groß und vor allem bei engen Verhältnissen Isolation schwer möglich.
Das Bündnis „Fair übers Meer!“ fordert von der Politik, dass Seeleuten ein besonderer Status anerkannt wird, und von Reedern, auf die psychische und physische Gesundheit der Crewmitglieder zu achten. Allen Seeleuten muss, unabhängig von ihrer Nationalität, Landgang ermöglicht werden. Auch die ärztliche Versorgung in den Häfen muss abgesichert sein. Die komplette Regelaussetzung, welche beispielsweise zu fehlendem Landgang führt, ist rückgängig zu machen. Den Seeleuten muss sowohl die notwendige Schutzausrüstung gestellt als auch darüber hinaus alles möglich gemacht werden, damit sie diese schwierige Zeit gesund überstehen können.
„Fair-übers-Meer!“-Flyer zum Tag des Seefahrers 2020