MSC Zoe“ – Untersuchungsbericht vorgelegt

Zu Jah­res­be­ginn 2019 ver­lor das unter der Bil­lig­flag­ge von Pana­ma fah­ren­de Con­tai­ner­schiff „MSC Zoe“ vor der nie­der­län­di­schen und deut­schen Küs­te ins­ge­samt 342 Con­tai­ner. Ladungs­trüm­mer, Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al, Kon­sum­gü­ter und Pro­duk­te muss­ten von den Strän­den der Inseln und Küs­ten sowie aus dem Was­ser gesam­melt wer­den. Das Auf­räu­men – auf­wän­dig und teu­er – ist bis heu­te nicht abge­schlos­sen. Immer­hin haben die zustän­di­gen Behör­den an die­sem Wochen­en­de ihren vor­ge­schrie­be­nen Unter­su­chungs­be­richt zu die­sem „sehr schwe­ren See­un­fall“ vorgelegt. 

Foto: Kust­wacht Nederland

Als Flag­gen­staat ist Pana­ma für die Sicher­heits­un­ter­su­chung ver­ant­wort­lich; die „Pana­ma Mari­ti­me Aut­ho­ri­ty“ (PMA) hat­te daher die Feder­füh­rung. Fer­ner waren für die betrof­fe­nen Küs­ten­staa­ten das nie­der­län­di­sche „Dutch Safe­ty Board“ (DSB) und die deut­sche „Bun­des­stel­le für See­un­fall­un­ter­su­chung“ (BSU) betei­ligt. Zwar gehört es aus­drück­lich nicht zu den Auf­ga­ben der Unter­su­chung, Schuld- oder Haf­tungs­fra­gen zu klä­ren – den­noch birgt der Bericht eini­ge bemer­kens­wer­te Anre­gun­gen. Dazu zählt vor allem, dass der Schiffs­füh­rung der „MSC Zoe“ zwar im Wesent­li­chen attes­tiert wird, für kei­ne tech­ni­schen oder nau­ti­schen Feh­ler ver­ant­wort­lich zu sein. Der Bericht bezeich­net aber etli­che der inter­na­tio­nal gel­ten­den tech­ni­schen und nau­ti­schen Regeln als – ver­ein­facht for­mu­liert – unzureichend:

  • Zum einen müs­se geprüft wer­den, ob der bis­lang zuläs­si­ge küs­ten­na­he Weg für sol­che Mega-Schiffe auch künf­tig noch erlaubt sein sol­le. Die­se Kri­tik wur­de an der Küs­te auch sogleich auf­ge­grif­fen, und zwar sowohl von der Schutz­ge­mein­schaft Deut­sche Nord­see­küs­te (SDN) als auch vom nie­der­säch­si­schen Umwelt­mi­nis­ter Olaf Lies (SPD). Letz­te­rer for­der­te dies­be­züg­lich „Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er auf, sofort zu han­deln. In weni­gen Wochen dro­hen wie­der schwe­re Herbst­stür­me, die Men­schen an der Küs­te haben jetzt schon Angst“. Das aller­dings ist mög­li­cher­wei­se etwas popu­lis­tisch, denn die so genann­ten Ver­kehrs­tren­nungs­ge­bie­te (VTG), in denen die Fahr­spu­ren für die Schiff­fahrt ver­lau­fen, wer­den von der UN-Schifffahrtsorganisation IMO (Inter­na­tio­nal Mari­ti­me Orga­niza­ti­on) fest­ge­legt – und die ent­schei­det sicher nicht in weni­gen Monaten.
  • Zum ande­ren aber kri­ti­siert der Bericht das anhal­ten­de Grö­ßen­wachs­tum der Con­tai­ner­schif­fe, das zu einem Über­schrei­ten „der meis­ten inter­na­tio­na­len tech­ni­schen Vor­schrif­ten und Stan­dards für die Berech­nung von Beschleu­ni­gun­gen“ füh­re. Etli­che Nor­men sei­en bis­lang nur für Schif­fe bis zu 300 Metern Län­ge aus­ge­legt, die „MSC Zoe“ indes misst 397 Meter. Sie kann theo­re­tisch 19.224 Stan­dard­con­tai­ner beför­dern, hat­te aber auf der frag­li­chen Fahrt nur 8062 Boxen unter­schied­li­cher Grö­ße gela­den – einen gro­ßen Teil davon an Deck (sie­he Foto). Das Schiff fuhr in öst­li­cher Rich­tung bei star­kem Sei­ten­wind aus Nord­nord­west. Das führt zu Bewe­gun­gen um die Längs­ach­se. Die­ses so genann­te „Rol­len“ kann nicht nur hef­ti­ges Vibrie­ren und Ver­for­men des Schiffs­kör­pers ver­ur­sa­chen, son­dern ent­fal­tet auch beträcht­li­che zer­ren­de und beschleu­ni­gen­de Kräf­te auf Ladung und Ladungs­be­fes­ti­gung. So wur­den unter ande­rem die so genann­te „Laschung“ der gela­de­nen Con­tai­ner, also deren Fixie­rung mit­tels stäh­ler­ner Eck­ver­rie­ge­lun­gen („twist­locks“) und dia­go­na­ler Spann­stan­gen, stark bean­sprucht – teil­wei­se zu stark: Con­tai­ner lös­ten sich, stürz­ten durch­ein­an­der, gin­gen über Bord. Hin­zu kamen gerin­ge Grund­be­rüh­run­gen, die zwar nicht den Rumpf beschä­dig­ten, wohl aber das Vibrie­ren zusätz­lich ver­stärkt haben kön­nen Kon­se­quen­ter­wei­se emp­fiehlt der Unter­su­chungs­be­richt daher nach­drück­lich die Ent­wick­lung von „Indus­trie­stan­dards …, die die Sicher­heit von Con­tai­ner­trans­por­ten erhö­hen“, sowie eine „Initia­ti­ve für Neue­run­gen in der Schiffs­kon­struk­ti­on“, die „bes­ser für die … beschrie­be­nen Bedin­gun­gen geeig­net“ sei­en. Zustän­dig auch für die­se Fra­gen ist – die IMO.

Die sich aus dem Unter­su­chungs­be­richt erge­ben­de Dis­kus­si­on wird span­nend – das gilt ins­be­son­de­re für den letz­ten Punkt, denn dar­aus könn­ten sich qua­li­ta­ti­ve Anfor­de­run­gen ans Laschen erge­ben, die unmit­tel­bar in den anhal­ten­den Streit zwi­schen Gewerk­schaft ITF und eini­gen (Feeder-)Reedereien hineinwirken.

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WATERKANT-Redaktion