Montreals Docker im Tarifstreik (02)

Seit Mon­tag früh wird der Streik im Hafen der kana­di­schen Metro­po­le Mont­re­al vor­erst unbe­fris­tet fort­ge­setzt: 1200 Beschäf­tig­te ver­wei­gern die Arbeit, weder Lie­ge­platz­diens­te (wie zum Bei­spiel Fest­ma­chen) noch Waren­um­schlag, also Löschen und Laden, fin­den statt – mit nur weni­gen Ausnahmen. 

Wie bereits berich­tet, sind gemäß einer Fest­le­gung des regie­rungs­amt­li­chen Cana­da Indus­tri­al Rela­ti­ons Board (CIRB) nur Ladun­gen von und nach Neu­fund­land und Labra­dor sowie Getrei­de­schif­fe als „sys­tem­re­le­vant“ ein­ge­stuft und damit vom Streik aus­ge­nom­men wor­den: Die in der Mari­ti­me Employ­ers Asso­cia­ti­on (MEA) orga­ni­sier­ten Arbeit­ge­ber hat­ten zwar ver­sucht, alle Hafen­um­schlags­tä­tig­kei­ten vom CIRB als der­art bedeu­tend und unver­zicht­bar ein­stu­fen zu las­sen, um den Arbeits­kampf abzu­wür­gen; die Behör­de hat­te dies aber abge­lehnt und ent­schie­den wie beschrieben.

Update 22. August:
Wie ILA-Sprecher Michel Murray mitteilte, haben die Gewerkschaften mit der Arbeitgeberseite, der Maritime Employers Association (MEA), einen auf sieben Monate befristeten „Waffenstillstand“ vereinbart. Am morgigen Sonntag früh um 7 Uhr Lokalzeit wird die Arbeit im Hafen von Montreal wieder aufgenommen. Die Streikpause soll genutzt werden, um erneute Verhandlungen in dem seit 2018 schwelenden Tarifstreit zu versuchen. Murray zeigte sich zuversichtlich, bis zum Ende des Waffenstillstands am 20. März 2021 einen neuen Tarifvertrag erzielen zu können – vorsorglich ist dafür auch ein weiteres Schiedsverfahren als möglich vereinbart worden.

In ihrer Bekannt­ma­chung ver­such­te die Ver­wal­tung des zweit­größ­ten Lan­des­ha­fens jetzt aller­dings, im Sin­ne der MEA öffent­lich Stim­mung gegen die Gewerk­schaf­ten zu machen: Man bedaue­re die­sen unbe­fris­te­ten Streik, „da Hafen­ak­ti­vi­tä­ten uner­läss­lich sind, um die Wirt­schaft am Lau­fen zu hal­ten und in die­ser Zeit der glo­ba­len Pan­de­mie die öffent­li­che Gesund­heit und Sicher­heit zu gewähr­leis­ten“. Gera­de der Corona-Hinweis ist ein blan­ker Diskreditierungs-Versuch, denn medi­zi­ni­sche Güter sind laut Gewerk­schaft vom Streik aus­ge­nom­men, zudem gehört „Inter­na­tio­nal Longshoremen’s Asso­cia­ti­on“ (ILA) in Kana­da ohne­hin zur Cana­di­an Uni­on of Public Employees (CUPE), deren Beschäf­tig­te ins­be­son­de­re des Gesundheits- und Pfle­ge­be­reichs der­zeit die Haupt­last der Covid-19-Abwehr tragen.

Seit Sep­tem­ber 2018 haben die Gewerk­schaf­ten meh­re­re Dut­zend Male mit der MEA ver­han­delt, zuletzt am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de. Michel Mur­ray von der ILA signa­li­sier­te anschlie­ßend gegen­über meh­re­ren Medi­en, „weit von einer Lösung ent­fernt zu sein“. Der Auf­ruf zum unbe­fris­te­ten Streik folg­te dann unmit­tel­bar. Ein Grund dürf­te in wie­der­hol­ten, auch jüngs­ten Ver­su­chen der MEA zu suchen sein, die bereits vom Som­mer ver­gan­ge­nen Jah­res stam­men­de CIRB-Entscheidung über die „Sys­tem­re­le­vanz“ mit juris­ti­schen Mit­teln und öffent­li­chem Druck von Indus­trie­ver­bän­den und Han­dels­kam­mern zu kip­pen. Ein ande­rer ist sicher in dem – aller­dings geschei­ter­ten – Ver­such zu sehen, lei­ten­de Beschäf­tig­te meh­re­rer MEA-Mitgliedsfirmen Streik­bruch­ar­bei­ten erle­di­gen zu las­sen; punk­tu­ell soll es dabei auch zu Hand­greif­lich­kei­ten sei­tens der Streik­bre­cher gekom­men sein, Mur­ray sprach gar von einer „Kriegs­er­klä­rung“.

Skur­ril an den letzt­ge­nann­ten Vor­fäl­len ist, dass sich auch „Lei­ten­de“ des Containerterminal-Betreibers Ter­mont an die­sen Akti­vi­tä­ten betei­lig­ten, obwohl die Termont-Terminals zu die­sem Zeit­punkt von den befris­te­ten Streiks noch gar nicht betrof­fen waren. Jetzt sind sie es – an dem unbe­fris­te­ten Streik neh­men nun auch die Beschäf­tig­ten der bei­den Termont-Terminals Viau und Mai­son­neuve teil. Ter­mont ist übri­gens ein Unter­neh­men des glo­ba­len Kon­zerns Ter­mi­nal Invest­ment Limi­t­ed (TIL) mit Sitz in der Schweiz, der welt­weit knapp 40 Ter­mi­nals betreibt. TIL wie­der­um gehört mehr­heit­lich der Medi­ter­ra­ne­an Ship­ping Com­pa­ny (MSC), der zweit­größ­ten Con­tai­ner­ree­de­rei, die fol­ge­rich­tig Haupt­kun­de von TIL ist – nicht nur in Mont­re­al. Meh­re­re Ree­de­rei­en lei­ten auf Anra­ten der kana­di­schen Cham­ber of Ship­ping (COS) ihre Schif­fe zu den atlan­tik­na­hen Häfen Hali­fax und St. John oder sogar nach New York um; unklar ist, wel­che Fol­gen dies für die Logis­tik der Zu- und Ablauf­ver­keh­re hat.

 

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WATERKANT-Redaktion