630 hochseetaugliche Handelsschiffe und Offshore-Einheiten sind im Jahre 2020 verschrottet worden. 446 davon endeten an den berüchtigten Stränden in Bangladesch, Pakistan und Indien. Das hat die NGO Shipbreaking Platform (SP) vor Kurzem bilanziert. Allein in Chattogram (Bangladesch – früher Chittagong) sind dabei mindestens zehn Menschen getötet und weitere 14 verletzt worden; Zahlen zu Arbeitsunfällen an den Stränden Indiens und Pakistans liegen der NGO nicht vor.
Obwohl der Export ausgedienter Schiffe aus Industrieländern in Entwicklungsländer durch das Basler Übereinkommen der UNO eigentlich verboten ist, entsprechen die von SP genannten Zahlen für die Abwrackstrände des indischen Subkontinents knapp 90 Prozent der weltweit abgebauten Bruttoraumzahl (BRZ). Es gibt dafür eine ebenso einfache wie brutale Erklärung: Reedereien können die Basler Regeln relativ leicht umgehen, indem sie wenige Monate vor der Verschrottung eines Schiffes dessen Flagge wechseln. Auf diese Weise umgehen beispielsweise auch europäische Reeder das geltende Recht: Wie das dänische Onlinemagazin „Shippingwatch“ erläuterte, dürfen europäische Schiffe nur auf Werften verschrottet werden, die über eine EU-Zulassung verfügen, das seien derzeit 43 – 34 in der EU, acht in der Türkei und eine in den USA. Zwar hätten auch Abwrackwerften aus Indien, Pakistan und Bangladesch versucht, eine solche Zulassung zu erhalten, bislang aber ohne Erfolg. Die Konsequenz: Allein 48 der im vergangenen Jahr in Pakistan und Bangladesch abgewrackten Schiffe gehörten griechischen Reedern.
SP beschreibt die dortigen Verhältnisse – zum wiederholten Male – in drastischen Worten: Die Schiffe werden mit hoher Geschwindigkeit auf den Strand gefahren und anschließend in der Gezeitenzone abgebaut. Ohne nennenswerte Sicherheitseinrichtungen werden dabei alle an Bord verbauten Teile und Gegenstände demontiert und weggeschafft, einschließlich reichlich enthaltener Problemmaterialien und Giftstoffe – Cadmium, Bleibatterien, Asbest, Quecksilber, Ozon abbauende Substanzen, PAK, Rückstandsöle und vieles andere, was eigentlich besonderer Sorgfalt bei der Entsorgung bedarf. Die Arbeiter – oft ausgebeutete Migranten, darunter etliche Kinder – seien immensen Risiken ausgesetzt, werden durch Brände oder herabfallende Stahlplatten getötet oder schwer verletzt, erkranken durch Kontakt mit giftigen Dämpfen und Substanzen. Umliegende Küstenregionen werden durch die Gifte verschmutzt oder zerstört, denn es fehlt die Infrastruktur für eine ordnungsgemäße Entsorgung (und oft auch das entsprechende Interesse der Betreiber solcher Abwrack-„Werften“).
Nähere Information hier bei der NGO Shipbreaking Platform sowie
in diesem Beitrag von „Shippingwatch“ (nicht ohne Weiteres allgemein-zugänglich).