„Das Wettrennen um die Schätze des Meeres wird als Klimaschutz getarnt“ – mit diesen Worten kritisiert das Bremer Projekt „fair oceans“ die Debatte um den Rohstoffabbau am Meeresboden: „Nötig ist ein definitiver Stopp derartiger Pläne statt nicht endender Debatten über absehbar ins Leere laufende Moratorien.“ Das Projekt wirbt für eine zivilgesellschaftliche Initiative gegen massive Versuche, Tiefseebergbau als notwendigen Beitrag zum Klimaschutz zu rechtfertigen.
Der Streit um diese Ressourcen begann vor rund 50 Jahren, als die UNO über die 1994 endlich in Kraft getretene Seerechtskonvention debattierte: In ihr wurden die Meeresbodenschätze zum „gemeinsamen Erbe der Menschheit“ erklärt, das Gemeingut verwaltet die International Seabed Authority (ISA) auf Jamaika als UN-Behörde. Seit den 1970er Jahren gieren westliche Industriestaaten und führende Konzerne nach diesen Rohstoffen – in der BRD etwa die staatliche Preussag AG oder die Frankfurter Metallgesellschaft AG. Allerdings gab es damals so gut wie keine maritime Technik für wirtschaftlichen Abbau, zudem minderten vorhandene Rohstoff-Landlagerstätten den ökonomischen Druck zu ihrer Erschließung. Trotzdem ließ die BRD 1989 im Ostpazifik in rund 4000 Metern Tiefe ein mehr als 3,5 Kilometer durchmessendes Meeresboden-Areal umpflügen: 2020 zeigte sich, dass die damals angerichteten Schäden bis heute sichtbar sind.
Tiefseebergbau, schreibt „fair oceans“ – ein Projekt des Bremer Vereins für Internationalismus und Kommunikation (IntKom) –, sei nachhaltig und vorsorgend nicht umsetzbar. Das gemeinsame Erbe der Menschheit werde verschachert, ökologisch das höchst sensible Meeresleben bedroht, zudem berge die Gier entwicklungspolitische Gefahren: „Ein weiteres Mal werden die Ressourcen für die Konsumansprüche der Industrienationen und Schwellenländer aus dem globalen Süden geholt und die Gesellschaften dort müssen den Preis für ihre Abhängigkeit vom Rohstoffmarkt, auftretende Umweltfolgen und soziale Ungleichheit tragen.“
Scharf kritisiert „fair oceans“ den Versuch, den Tiefseebergbau zum Garanten der Klimawende zu stilisieren: Ohne ihn, so behaupte die Industrie, drohe eine Verknappung strategisch wichtiger mineralischer Rohstoffe für die Produktion alternativer Energieträger oder E-Autos. Damit werde die Klimabewegung missbraucht: Tiefseebergbau gefährde, was Klimaschutz bewahren wolle – die Funktion der Ozeane als wichtigste Kohlenstoffspeicher des Planeten. Explizit richtet sich der Aufruf gegen die Forderung nach einem Moratorium – denn dieser Ruf beinhalte immer die Option einer alsbaldigen Aufhebung und suggeriere so, dass Tiefseebergbau mittelfristig akzeptabel, sinnvoll und notwendig sein könne. Nur ein Stopp dieser Pläne schaffe Raum für nachhaltige Rohstoffnutzung sowie Klima- und Rohstoffgerechtigkeit.
Eine ähnliche Version dieses Textes ist heute in der Tageszeitung „junge Welt“ erschienen.
Nachtrag: In der aktuellen Ausgabe von „lunapark21“ – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie ist eine etwas ausführlichere Variante des Textes erschienen.