Attacke gegen Wasserrahmen-Richtlinie

Laut einer heu­te ver­brei­te­ten Pres­se­mit­tei­lung bläst der Zen­tral­ver­band der Deut­schen See­ha­fen­be­trie­be (ZDS) erneut zur Atta­cke gegen die EU-Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL), die ein wesent­li­ches Ele­ment auch des Mee­res­um­welt­schut­zes dar­stellt. Der Lob­by­ver­band for­dert eine „Nach­bes­se­rung“ der Vorschrift. 

Zwar bezeich­net auch der ZDS die WRRL als ein zen­tra­les Gewäs­ser­schutz­ele­ment – oppo­niert aber bereits seit lan­gem gegen dar­aus sich erge­ben­de Ein­schrän­kun­gen. In einem vor etwas mehr als zwei Jah­ren vor­ge­leg­ten Posi­ti­ons­pa­pier bei­spiels­wei­se hat­te der Ver­band unter ande­rem fest­ge­stellt: „Tat­säch­lich jedoch ver­zö­gert die Richt­li­nie Vor­ha­ben – bei ohne­hin schon lan­gen Planungs- und Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren – um durch­schnitt­lich etwa 24 Mona­te (bei öffent­li­chen Infra­struk­tur­vor­ha­ben), schafft Rechts­un­si­cher­heit, ver­hin­dert die nach­hal­ti­ge Gewäs­ser­nut­zung und ver­ur­sacht hohe Mehrkosten.“

Aktu­ell bezieht sich der ZDS in sei­ner Atta­cke auf eine Klei­ne Anfra­ge im Deut­schen Bun­des­tag zu den „Aus­wir­kun­gen der Was­ser­rah­men­richt­li­nie auf Erhalt und Aus­bau der
Was­ser­stra­ßen­in­fra­struk­tur“. Ein­ge­bracht hat die Anfra­ge die FDP-Fraktion: Wer auch sonst käme auf die Idee, sich statt auf die heh­ren WRRL-Ziele des öko­lo­gisch guten oder sehr guten Zustands von Gewäs­sern auf ihre Wasser-„Straßen“-Funktion zu fokus­sie­ren: Lie­ber schlech­te Fra­gen stel­len als gar kei­ne Fra­gen stellen… –:)) !!

Schluss mit Iro­nie: Als die WRRL im Jah­re 2000 ver­ab­schie­det wur­de, setz­te sie ursprüng­lich das Ziel, bis Ende 2009 für jedes euro­päi­sche Fluss­sys­tem einen Bewirt­schaf­tungs­plan vor­zu­le­gen, der auf­zeigt, wie im jewei­li­gen Gewäs­ser ein öko­lo­gisch guter Zustand bis 2015/2020 her­zu­stel­len ist. Tat­säch­lich war aber schon bald von „Frist­ver­län­ge­run­gen“ die Rede, die – bis heu­te – letzt­lich auf den St -Nim­mer­leins­tag hin­aus­lau­fen. Momen­tan wird offi­zi­ell davon aus­ge­gan­gen, bis spä­tes­tens 2027 alle euro­päi­schen Gewäs­ser in einen defi­nier­ten „guten Zustand“ zu ver­set­zen. So sieht es der FDP-Anfrage zufol­ge auch die Bun­des­re­gie­rung – noch. Denn die Libe­ra­len bezie­hen sich in ihrer Initia­ti­ve auf eine Stel­lung­nah­me der Gene­ral­di­rek­ti­on Was­ser­stra­ßen und Schiff­fahrt (GDWS), wonach mit einer Umset­zung der WRRL erst im Jahr 2050 zu rech­nen sei. St. Nim­mer­lein, eben…

EuGH kor­ri­gie­ren“

Die sich dar­aus erge­ben­de „Nicht­ein­hal­tung“ der WRRL-Ziele ist es nun, die der ZDS zum Anlass nimmt für sei­nen jüngs­ten Vor­stoß. Man for­de­re „seit lan­gem eine Anpas­sung der WRRL, eben auch weil die zeit­li­chen Vor­ga­ben nicht rea­lis­tisch sind und sich jetzt schon nega­tiv auf Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren für Infra­struk­tur­pro­jek­te aus­wir­ken“, heißt im aktu­el­len State­ment. Was der ZDS im Ein­zel­nen meint, ergibt sich aus dem oben erwähn­ten (ver­link­ten) Posi­ti­ons­pa­pier von 2019, wo unter ande­rem eine Auf­wei­chung des so genann­ten „Ver­schlech­te­rungs­ver­bots“ ange­regt wird, indem etwa „die Auslegung
des EuGH zu kor­ri­gie­ren“ sei, und zwar unter gesetz­ge­be­ri­scher Kor­rek­tur der bis­lang rechts­gül­ti­gen Aus­le­gung durch den Euro­päi­schen Gerichts­hof. Wenn, salopp gesagt, gewähl­te Gerich­te sich quer legen, müs­sen sie halt gezü­gelt werden…

Noch deut­li­cher wur­de der ZDS in sei­nem State­ment an ande­rer Stel­le: Unter Hin­weis dar­auf, dass die WRRL Aus­nah­men für die Errei­chung gesetz­ter Zie­le nur bei „über­ge­ord­ne­tem öffent­li­chem Inter­es­se“ erlau­be, for­dert der Ver­band eine Erwei­te­rung auch zuguns­ten „pri­vat­nüt­zi­ger Vor­ha­ben“, wenn „die Anwen­dung der Verbote
zu einer unzu­mut­ba­ren Belas­tung füh­ren wür­de“. Dar­über hin­aus wird ver­langt, eine „Baga­tell­schwel­le für Ver­schlech­te­run­gen“ unmit­tel­bar in der Was­ser­rah­men­richt­li­nie fest­zu­schrei­ben: „Auch Ein­wir­kun­gen, die ledig­lich tem­po­rä­rer Natur sind, soll­ten von der Baga­tell­schwel­le als ‚uner­heb­li­che‘ oder ‚gering­fü­gi­ge‘ nega­ti­ve Zustands­ver­än­de­run­gen mit­er­fasst werden.“

Übri­gens ste­hen die Libe­ra­len und der ZDS mit ihren Atta­cken gegen die WRRL nicht allei­ne da: Kurz vor der 12. Natio­na­len Mari­ti­men Kon­fe­renz (NMK), die Anfang kom­men­der Woche vir­tu­ell in Ros­tock abge­hal­ten wird, haben auch die Regie­rungs­frak­tio­nen von CDU/CSU und SPD in einem 114 Punk­te umfas­sen­den For­de­rungs­ka­ta­log zur – natür­lich „nach­hal­ti­gen“ – Mee­res­nut­zung unter ande­rem auch die WRRL ins Visier genom­men: Die deut­sche Anwen­dungs­pra­xis der euro­päi­schen Was­ser­rah­men­richt­li­nie sei „dahin­ge­hend zu über­prü­fen, dass Ver­fah­ren zügi­ger und rechts­si­cher durch­ge­führt wer­den kön­nen“, fer­ner sei „eine Fort­füh­rung der euro­päi­schen Was­ser­rah­men­richt­li­nie über 2027 hin­aus in den bekann­ten Bewirt­schaf­tungs­zy­klen sicher zu stel­len, um Pla­nungs­si­cher­heit zu gewährleisten“.

Das Mot­to der von die­ser Regie­rung ver­an­stal­te­ten, aktu­el­len NMK lau­tet „Wirt­schaft braucht Meer“. – Ob indes das Meer, die Mee­re auch die Nut­zung und Aus­beu­tung durch die Wirt­schaft brau­chen, das wäre mal eine zukunfts­ge­rich­te­te Frage…

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WATERKANT-Redaktion