HHLA und Eurogate unter Druck

Seit Som­mer 2020 ver­han­deln die gro­ßen deut­schen Ter­mi­nal­be­trei­ber HHLA und Euro­ga­te über eine mög­li­che Koope­ra­ti­on. Jetzt kommt öffent­li­cher Druck von den Bun­des­län­dern Ham­burg und Bre­men, die bei­de auf unter­schied­li­che Wei­se an den Hafen­un­ter­neh­men betei­ligt sind. 

Seit Jahr­zehn­ten ist die nord­west­deut­sche Hafen­wirt­schaft geprägt von der Kon­kur­renz der Container-Terminal-Betreiber in Ham­burg und Bre­men: An der Elbe bestimmt die über­wie­gend staats­ei­ge­ne Ham­bur­ger Hafen und Logis­tik AG (HHLA) das Geschäft mit den Blech­bo­xen, an der Weser (in Bre­mens Hafen-Ableger Bre­mer­ha­ven) das Unter­neh­men Euro­ga­te, ein Gemein­schafts­pro­jekt der halb­staat­li­chen Bre­mer BLG (einst „Bre­mer Lagerhaus-Gesellschaft“) und des Ham­bur­ger Fami­li­en­kon­zerns Euro­kai. Die Standort- und Terminal-Konkurrenz hat zwar auch his­to­ri­sche Wur­zeln, den­noch gibt es seit lan­gem Kri­tik – unter ande­rem von Umwelt­ver­bän­den wie BUND, NABU oder dem eins­ti­gen WATERKANT-Herausgeber „Akti­ons­kon­fe­renz Nord­see“ (AKN): Denn eine gemein­sa­me Hafen­po­li­tik böte neben wirt­schaft­li­chen Fol­gen auch die Chan­ce, die unsäg­li­chen Fluss- und Fahr­was­ser­ver­tie­fun­gen min­des­tens dras­tisch zu reduzieren.

Gera­de der Wett­be­werb mit den Häfen in Rot­ter­dam oder Ant­wer­pen hat in Ver­bin­dung mit den struk­tu­rel­len Ent­wick­lun­gen der Hafen­wirt­schaft vor, wäh­rend und nach Coro­na dazu geführt, dass bei den Betrei­bern lang­sam ein Umden­ken ein­setzt, seit Juni ver­gan­ge­nen Jah­res wird ver­han­delt – jetzt macht die Poli­tik öffent­lich Druck, um die bis­her ergeb­nis­lo­sen Gesprä­che vor­an zu brin­gen: Ende ver­gan­ge­ner Woche zeig­ten sich je zwei Res­sort­chefs der bre­mi­schen und der ham­bur­gi­schen Lan­des­re­gie­run­gen in einer gemein­sa­men Erklä­rung „davon über­zeugt, dass ein Ver­bund sinn­voll ist und per­spek­ti­visch zu einer Stär­kung der mari­ti­men Stand­or­te in der Deut­schen Bucht führt“.

Unter­zeich­net haben den Auf­ruf die bre­mi­sche Hafen­se­na­to­rin Clau­dia Schil­ling (SPD) und ihr Kol­le­ge, Finanz­se­na­tor Diet­mar Strehl (Grü­ne), sowie von der Elbe Ham­burgs Wirt­schafts­se­na­tor Micha­el West­ha­ge­mann (par­tei­los) und Finanz­se­na­tor Andre­as Dressel (SPD). Wäh­rend aus den bis­lang gehei­men Hafen­ge­sprä­chen seit andert­halb Jah­ren unter­schied­li­che Gerüch­te ver­brei­tet wer­den – nur „Koope­ra­ti­on“ oder doch „Fusi­on“ und wenn ja, unter wes­sen Füh­rung? –, schei­nen die genann­ten Vier einen regu­lä­ren Zusam­men­schluss der Hafen­be­trie­be zu befür­wor­ten: Denn obwohl sie die bis­he­ri­gen Kon­kur­ren­ten nur „ermu­ti­gen, … zu einer für alle Sei­ten inter­es­sen­ge­rech­ten Lösung zu kom­men“, plä­die­ren sie gleich­zei­tig dafür, ein leis­tungs­star­kes und wett­be­werbs­fä­hi­ges Unter­neh­men zu ent­wi­ckeln, das für zukunfts­si­che­re Beschäf­ti­gung und nach­hal­ti­gen wirt­schaft­li­chen Erfolg steht“.

Euro­pa­wei­te Folgen

Wie auch immer die HHLA-Eurogate-Gespräche zu Ende gehen wer­den – ihre Aus­wir­kun­gen betref­fen bei wei­tem nicht nur die Deut­sche Bucht, son­dern buch­stäb­lich ganz Euro­pa. Die HHLA betreibt an der Elbe die drei Container-Terminals Alten­wer­der, Bur­chard­kai und Tol­ler­ort, Ers­te­rer mit Betei­li­gung der Ree­de­rei Hapag-Lloyd, beim Letz­te­ren ist kürz­lich Chi­nas COSCO ein­ge­stie­gen. Euro­ga­te hat einen Ter­mi­nal am Wal­ters­ho­fer Hafen, das Unter­neh­men betreibt zudem den fast fünf Kilo­me­ter lan­gen Bre­mer­ha­ve­ner Wilhelm-Kaisen-Terminal, teils mit den Ree­de­rei­en Mærsk oder MSC, sowie den Wil­helms­ha­ve­ner Tief­was­ser­ha­fen Jade­We­ser­Port (JWP). Des­sen Mærsk-Beteiligung könn­te aber in Kür­ze an Hapag-Lloyd ver­kauft wer­den. Fer­ner sind sowohl die HHLA als auch Euro­ga­te inter­na­tio­nal aktiv – die Ham­bur­ger in Tal­linn und Odes­sa, Euro­ga­te in Lis­sa­bon, Tan­ger, in drei ita­lie­ni­schen Häfen, in Ust Luga und in Limassol.

HHLA und Euro­ga­te ste­hen nicht nur unter poli­ti­schem Druck, son­dern schei­nen auch selbst an einem Abschluss inter­es­siert: Am ver­gan­ge­nen Frei­tag hat Euro­ga­te ein Gut­ach­ten des Bre­mer Insti­tuts für See­ver­kehrs­wirt­schaft und Logis­tik (ISL) prä­sen­tiert, das in einer Fusi­on die Chan­ce sieht, den Ree­de­rei­en güns­ti­ge­re Prei­se als bis­her anzu­bie­ten. Der Kon­kur­renz in Rot­ter­dam und Ant­wer­pen könn­ten so Markt­an­tei­le abge­run­gen wer­den, was „mit­tel­fris­tig auch mehr Jobs im Hafen“ bedeu­te, so Euro­ga­te. Bedau­er­li­cher­wei­se gibt es dazu bis­lang kei­ne Reak­ti­on sei­tens der Gewerk­schaft ver.di. Erst Anfang des Monats hat­te die Unter­neh­mens­be­ra­tung Roland Ber­ger im Auf­tra­ge der HHLA ein Gut­ach­ten vor­ge­legt, das unbe­schei­den schwärm­te, ein Ver­bund der Kon­kur­ren­ten von Elbe und Weser kön­ne zur Num­mer Eins in Euro­pa wer­den. Und es ist erst weni­ge Wochen her, dass der Ham­bur­ger Mil­li­ar­där Klaus-Michael Küh­ne, Spe­di­teur (Küh­ne + Nagel) und Ree­der (Anteils­eig­ner von Hapag-Lloyd), den bei­den Lan­des­re­gie­run­gen anbot, sich an einer mög­li­chen Koope­ra­ti­on der Ter­mi­nal­be­trei­ber finan­zi­ell betei­li­gen zu wollen.

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WATERKANT-Redaktion