„Bei gutem Willen aller Beteiligter“, so verkündete es Mitte dieser Woche HHLA-Chefin Angela Titzrath im Laufe ihrer Quartals-Bilanzpressekonferenz, könne „noch in diesem Jahr eine Absichtserklärung unterzeichnet werden“: Gemeint war die seit anderthalb Jahren diskutierte, bislang aber stockende Absprache über eine Kooperation der hamburgischen und bremischen Häfen.
Seit Juni 2020 verhandeln die großen deutschen Hafenkonzerne HHLA und Eurogate nach einer Jahrzehnte währenden Konkurrenz über den Beginn einer zumindest partiellen Zusammenarbeit. Das Kürzel HHLA steht bekanntlich für die überwiegend landeseigene Hamburger Hafen und Logistik AG, während Eurogate zu gleichen Teilen der privaten Hamburger Eurokai-Gruppe und der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) gehört, die wiederum mehrheitlich im Besitz der Stadtgemeinde (nicht des Landes) Bremen ist. Angesichts dieser für beide Unternehmen gegebenen teilstaatlichen Struktur ist verständlicherweise auch die Politik an einem Ergebnis interessiert: Vor wenigen Wochen hatten sich die Landesregierungen der Stadtstaaten Bremen und Hamburg zu Wort gemeldet und beide Hafenlogistiker in einem gemeinsamen Appell gemahnt, doch – norddeutsch-salopp ausgedrückt – „endlich mal zu Potte zu kommen“.
Die Absicht der bislang nicht-öffentlich geführten Verhandlungen ist klar: Angedacht ist eine bislang nicht näher definierte Kooperation im Container-Umschlag, und zwar vorerst beschränkt auf die Terminals in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Man will sich damit eine stärkere Position gegenüber der massiven Westkonkurrenz verschaffen, den stetig wachsenden Häfen in Rotterdam, Antwerpen und Zeebrügge. Es wäre aber auch eine Reaktion auf den zunehmenden Hafenausbau in der Ostsee, was das früher starke Segment des Feeder-Umschlags schmälert. Gerade bereitet beispielsweise Danzig die nächste Stufe vor und sieht sich dabei selbst als künftiger Konkurrent der Nordrange-Häfen von Belgien bis zur Elbe. Zudem werden im Mittelmeer diverse Häfen erweitert, was das logistische Hinterland norddeutscher (aber auch westeuropäischer) Häfen schrumpfen ließe.
„Unbedingt auf Augenhöhe“
Warum sich die Gespräche zwischen HHLA und Eurogate so lange hinziehen, darüber gibt es angesichts der vereinbarten und bislang auch eingehaltenen Vertraulichkeit nur Spekulationen. Als HHLA-Chefin Angela Titzrath ihre eingangs erwähnte optimistische Erwartung verkündete, nahmen führende maritime Dienste wie HANSA, DVZ oder thb das zwar wohlwollend zur Kenntnis. Allerdings gibt es dazu von Eurogate-Seite bislang keinerlei Kommentar. Ob, wie HANSA schrieb, die Bemühungen um die Pandemie-Bewältigung zur Verzögerung beigetragen haben, ist momentan ebenso ungeklärt wie das Gerücht, dass Uneinigkeit über eine Führungsrolle im künftigen Bündnis das Stocken bewirkt haben könne: Die Bremer Arbeitnehmerkammer hatte im Frühjahr in einer Stellungnahme angemahnt, eine etwaige Kooperation müsse „unbedingt auf Augenhöhe stattfinden“ und sei aus Sicht der Beschäftigten insbesondere an Standortgarantien und ans Aufrechterhalten von Tarifverträgen und Mitbestimmung zu knüpfen.
Nichts gegen besagte Garantien – aber mit der Augenhöhe könnte es Probleme geben: Zwar ist die HHLA im Vergleich zu Eurogate lange Zeit der (oft auch deutlich) stärkere Hafenlogistiker gewesen, vor allem wegen seines Elb-Geschäfts, die Auslandsaktivitäten der Hamburger in Odessa und Tallinn waren und sind nach wie vor vernachlässigbar. Momentan aber ist die Lage eine andere: An ihren drei Terminals in Hamburg hat die HHLA in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 4,712 Millionen TEU umgeschlagen – Eurogate hingegen kommt mit einem Terminal in Hamburg sowie den Standorten Bremerhaven und Wilhelmshaven im selben Zeitraum auf 5,984 Millionen TEU und hat zudem mit drei italienischen Häfen plus Marokko, Portugal, Zypern und Russland deutlich mehr internationale Aktivitäten vorzuweisen als die HHLA. Es könnte also sein, dass „alle Beteiligten“ unter dem geforderten „guten Willen“ jeweils etwas anderes verstehen. Das in Aussicht gestellte norddeutsche Hafen-Bündnis bleibt erst einmal noch abzuwarten…