Mehrere Umweltschutzorganisationen haben in den vergangenen Wochen auf Pläne der EU-Kommission zum den Ausbau der Offshore-Windkraft-Nutzung reagiert und dabei nachdrücklich angemahnt, Anlagen für erneuerbare Energien nicht innerhalb oder in der Nähe von Meeresschutzgebieten zu errichten – oder in vergleichbaren Gebieten, die für sensible Arten oder Lebensräume ökologisch wertvoll sind.
Hintergrund ist ein Mitte November vorgestelltes Konzept der EU-Kommission, demzufolge die Windenergiekapazität auf den Meeren von derzeit zwölf Gigawatt (GW) bis zum Jahre 2050 auf 300 GW ausgebaut werden soll. Zugleich soll dieses Potenzial im selben Zeitraum durch weitere 40 GW Kapazität aus Wellen- und Gezeitenkraftwerken sowie schwimmenden Wind- und Solaranlagen ergänzt werden.
Bereits vor gut zwei Wochen reagierte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und meldete die Gründung einer europäischen Offshore-Koalition „zum Schutz der Meere beim Ausbau der Windenergie auf See“. Dem Bündnis gehören neben mehreren Umweltverbänden allerdings auch Vertreter der Windkraftbranche einiger Netzbetreiber an – ob das eine derartige Initiative befördert oder eher bremst, bleibt abzuwarten. Auch das Europäische Umweltbüro (EEB) fand zunächst lobende Worte für den Vorschlag der Kommission – „weiterer zentraler Baustein des Europäischen Green Deal“ –, um dann die Warnung hinterher zu schalten, der Ausbau der Windenergie auf See dürfe nicht zulasten der marinen Ökosysteme gehen: Montage und Betrieb von Windturbinen könne Meeressäuger, Fische und Seevögel potentiell gefährden; es müsse zudem sichergestellt werden, dass 30 Prozent der europäischen Meere zu besonderen Schutzzonen erklärt würden.
Gestern hat die Umweltstiftung WWF solche Forderungen nach weiteren Schutzgebieten durch die – nicht neue, aber ungebrochen aktuelle – Mahnung ergänzt, dass die Managementpläne allein für bestehende „Marine Protected Areas“ (MPA) überwiegend lückenhaft und unvollständig seien. Um einen wirksamen Schutz biologischer Vielfalt zu gewährleisten, müssten MPAs ordnungsgemäß verwaltet werden; Infrastrukturen wie Windturbinen könnten in solchen Gebieten wichtige Lebensraumstrukturen gefährden. Dies wiederum könne die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel beeinträchtigen. In Gebieten, die gemäß der EU-Biodiversitätsstrategie als „streng geschützt“ gelten, müssten Energieproduktionsanlagen auf See gänzlich untersagt werden. Grundsätzlich seien derartige Projekte in MPAs nur ausnahmsweise und von Fall zu Fall zulässig – „unter strengen Auflagen, …nach einschlägigen Naturschutzgesetzen solide bewertet, im Vorsorgeprinzip verankert und nachweislich ohne alternative Standorte außerhalb des jeweiligen Schutzgebiets“.