VDR-Chefin Bornheim und der Klimaschutz…

Jetzt ist Kli­ma­schutz Trumpf“, ver­kün­de­te Gaby Born­heim, neue Prä­si­den­tin des Ver­bands Deut­scher Ree­der (VDR), ges­tern der Deut­schen Presse-Agentur (dpa) – um sich zugleich gegen euro­päi­sche oder gar natio­na­le Allein­gän­ge beim kli­ma­schüt­zen­den Umbau der Schiff­fahrt aus­zu­spre­chen: Weil „Emis­sio­nen … nicht vor Gren­zen halt“ mach­ten, sei es „schwie­rig, das lokal zu begrenzen“. 

Kli­ma­schutz auf See ist bekannt­lich ein heik­les The­ma. Born­heims Hal­tung ent­spricht durch­aus der vie­ler VDR-Mitglieder, die sich jüngst in einer Umfra­ge mehr­heit­lich ent­spre­chend geäu­ßert hat­ten. Und wenn, wie jüngst in Glas­gow, die UNO-Staaten über Emissions-Reduktion debat­tie­ren, ist die Han­dels­schiff­fahrt, eben­so wie die Luft­fahrt, als „grenz­über­schrei­ten­de Form der Mobi­li­tät“ nicht Teil dort bespro­che­ner, natio­nal umzu­set­zen­der Ziele.

Es gibt in Sachen See­ver­kehr nur eine ein­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on, die welt­weit gel­ten­de Ver­ein­ba­run­gen – nicht nur, aber auch beim Kli­ma­schutz – tref­fen kann: die Inter­na­tio­nal Mari­ti­me Orga­niza­ti­on (IMO), die Schiff­fahrts­or­ga­ni­sa­ti­on der UNO mit Sitz in Lon­don. Die jedoch hat ihre eige­nen Struk­tu­ren, die schon seit lan­gem effek­ti­vem Umwelt­schutz im Wege ste­hen. Zwar ent­schei­den die der­zeit 175 sou­ve­rä­nen Mit­glieds­staa­ten laut Sat­zung mit Stim­men­mehr­heit – das klingt aber demo­kra­ti­scher als es in der Pra­xis ist.

Kri­tik an der IMO

Born­heim nahm unter ande­rem Bezug auf Beschlüs­se der Euro­päi­schen Uni­on, wonach bis 2050 net­to kei­ne kli­ma­schäd­li­chen Treib­haus­ga­se mehr aus­ge­sto­ßen wer­den sol­len. Die­sem Ziel „Kli­ma­neu­tra­li­tät bis 2050“ habe sich, unter ande­rem auf Betrei­ben des VDR, auch der Welt­ree­der­ver­band ICS ange­schlos­sen und einen ent­spre­chen­den Antrag an die IMO gestellt, bis­lang aller­dings ver­geb­lich. Auch am Ran­de der Kon­fe­renz von Glas­gow haben ein­zel­ne Staa­ten ver­schie­de­ne Absichts­er­klä­run­gen für mehr Kli­ma­schutz auf See unter­zeich­net; aber das hat eben für die IMO kei­ne Gültigkeit.

Nach deren Sat­zung müs­sen näm­lich Beschlüs­se zunächst von min­des­tens 15 Staa­ten, die zusam­men über min­des­tens 50 Pro­zent der Welt­han­dels­ton­na­ge ver­fü­gen, rati­fi­ziert wer­den, bevor sie welt­weit gül­tig wer­den. Das aber ver­zö­gert nicht nur den Pro­zess, son­dern garan­tiert auch einen Pri­mat der größ­ten Schiff­fahrts­na­tio­nen – gemeint sind nicht die Groß­mäch­te im öko­no­mi­schen Sinn, son­dern die größ­ten Flag­gen­staa­ten: Bekannt­lich müs­sen Schif­fe – abwei­chend vom See­rechts­über­ein­kom­men – nicht im Hei­mat­land des Ree­ders regis­triert wer­den, son­dern dür­fen „umge­flaggt“ wer­den in Staa­ten, deren Regeln dem Ree­der güns­ti­ge­re Tari­fe, Steu­ern oder ande­re Nor­men gegen­über dem Hei­mat­land bescheren.

Die Inter­na­tio­na­le Transportarbeiter-Föderation (ITF) spricht daher von „Bil­lig­flag­gen­staa­ten“ und kri­ti­siert nicht nur die sozia­len Fol­gen für die See­leu­te, son­dern betont zugleich, dass Schif­fe unter die­sen Bil­lig­flag­gen oft auch ein erhöh­tes Sicher­heits­ri­si­ko dar­stell­ten. Wobei auch die­ses nicht ver­schwie­gen wer­den soll: Es sind oft nicht die Staa­ten selbst, die das Geschäft mit ihren Flag­gen orga­ni­sie­ren – so ver­mark­tet bei­spiels­wei­se die pri­va­te Agen­tur Inter­na­tio­nal Regis­tries, Inc. (IRI) mit Sitz in Res­ton im US-Bundesstaat Vir­gi­nia die Flag­ge der Mar­shall­in­seln, die der kari­bi­schen Repu­blik Anti­gua und Bar­bu­da kann man im nie­der­säch­si­schen Olden­burg buchen. Die Agen­tu­ren füh­ren dann ent­spre­chen­de Tei­le ihrer Ein­nah­men an die jewei­li­gen Staa­ten ab.

…bei deren gleich­zei­ti­ger Stärkung

Die Bil­lig­flag­gen­staa­ten selbst ver­die­nen auf die­se Wei­se gut am Registrierungs-Geschäft, sind daher bemüht, die frem­den Ree­der nicht zu ver­prel­len. Also blo­ckie­ren sie in der IMO häu­fig wirk­sa­me und damit oft teu­re Beschlüs­se – so unter ande­rem auch in Sachen Umwelt­schutz. Oder beim Kli­ma: Laut IMO sol­len kli­ma­schäd­li­che Emis­sio­nen bis 2050 nur um 50 Pro­zent, bezo­gen auf den sehr umstrit­te­nen Basis­wert von 2008, redu­ziert wer­den. Dies jedoch durch ein Kli­ma­neu­tra­li­täts­ziel im Sin­ne der EU oder der ICS zu erset­zen, bedürf­te eines neu­en Beschlus­ses – und der Rati­fi­zie­rung durch Bil­lig­flag­gen­staa­ten wie Pana­ma, Libe­ria, den Mar­shall­in­seln, Mal­tas, der Baha­mas und wei­te­rer. Denn die ver­tre­ten zusam­men weit mehr als 50 Pro­zent der Welt­han­dels­ton­na­ge, ohne sie geht folg­lich nichts.

Bla­ma­bel für die VDR-Präsidentin ist dabei aller­dings eines: Born­heim lei­tet die Ham­bur­ger Ree­de­rei Peter Döh­le, die sich mit etwa 500 gema­nag­ten Schif­fen als eine der größ­ten deut­schen Ree­de­rei­en bezeich­net. Nur sind ihre Schif­fe zum größ­ten Teil eben in Bil­lig­flag­gen­staa­ten regis­triert. Die von Born­heim geführ­te Fir­ma stützt also maß­geb­lich die Macht jener IMO-Staaten, die bis­lang die – vor­geb­li­chen – Zie­le Born­heims und des VDR blockieren.

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WATERKANT-Redaktion