Das ist, mit Verlaub, eine echte Sensation: Die neue Eigentümerin der seit Jahrzehnten zuverlässigen, aber auch gegen zähen Widerstand autolobbyistischer Verkehrsplaner sich behaupten müssenden Elbefähre Glückstadt-Wischhafen, die Flensburger Fährreederei FRS, hat vor wenigen Tagen ein Konzept vorgestellt, die Elbverbindung als echte Alternative zur geplanten Küstenautobahn (A 20) auszubauen: Deutlich schneller über’n Fluss, deutlich häufiger und vor allem – emissionsfrei. Respekt!
Wer die WATERKANT, ob als Zeitschrift oder Onlinemedium, kennt, weiß, dass wir schon seit Jahrzehnten den Widerstand gegen die A-20-Pläne (früher A 22) unterstützt und in diesem Zusammenhang auch immer bestehende Alternativen wie die Glückstadt-Wischhafen-Verbindung ebenso wie neue Ideen und Versuche (Fähre Cuxhaven-Brunsbüttel) mehr als wohlwollend begleitet haben. Aber angesichts der Tatsache, dass nun, nach jüngster Planung, am 31. Mai dieses Jahres das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über den Planfeststellungsbeschluss für den A-20-Bau von Westerstede bis Jaderberg als ersten von sieben Abschnitten der Küstenautobahn verhandeln wird, gewinnt das aktuelle FRS-Konzept eine Bedeutung, die das Gericht eigentlich nicht ignorieren darf. Was übrigens nicht nur für die Bundesrichter gilt: Politisch Verantwortliche im Bund, in den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein, in den Landkreisen Cuxhaven, Dithmarschen, Stade und Steinburg, die das FRS-Konzept nicht zügig und tatkräftig unterstützen, sollten nie wieder Begriffe wie „Klimaschutz“ oder „Energiewende“ in den Mund nehmen dürfen, ohne sofort (bei nächster Wahl) abgestraft zu werden.
Der Reihe nach: Die mehr als 100 Jahre alte Fährverbindung, bis zur Übernahme durch FRS im Jahre 2020 im Wesentlichen im Besitz der Gründerfamilie, fährt bis heute mit vier Schiffen im ständigen Wechsel zwischen den beiden Elbstädten, die dem Unternehmen den Namen geben – sieben Tage die Woche, von früh bis spät, im Prinzip alle 30 Minuten, bei hohem Verkehrsaufkommen in ständigem Wechsel. Die Fähren sind zwischen rund 30 und rund 60 Jahren alt und haben eine Kapazität zwischen 30 und 55 Pkw – von Fall zu Fall weniger, wenn Lkw oder Gespanne mitgenommen werden. Die Überfahrt dauert momentan rund 30 Minuten, die Fähren müssen aus der Wischhafener Süderelbe zunächst einen leicht südöstlichen Kurs fahren, bevor sie nach Nordwest drehen, um die Elbinsel Rhinplate nördlich zu umfahren und den Glückstädter Fähranleger zu erreichen.
Schwierigkeiten bei dieser Routenführung gibt es bislang regelmäßig durch das erforderliche Drehen der Fähren auf der West-Ost-Route sowie gelegentlich (anscheinend aber zunehmend häufiger) durch Niedrigwasser in Verbindung mit Verschlickungsproblemen. Da aber wiederholte Appelle der früheren Fähreigentümer an die Gebietskörperschaften beidseitig des Flusses, diese Verhältnisse zu verändern, ergebnislos geblieben sind – beide Landkreise gehören bislang zu den unbedingten Befürwortern der Küstenautobahn –, sahen die Betreiber auch keine Möglichkeit, wirtschaftlich sinnvoll in neue Fährschiffe zu investieren. Die Folgen kennt in Norddeutschland nahezu jeder aus dem Radio: „Die Wartezeit an der Elbfähre Glückstadt-Wischhafen beträgt momentan anderthalb (zwei, zweieinhalb…) Stunden.“
Das FRS-Konzept zur Zukunft der Elbverbindung will hier gleich mehrere Knoten mit einem Hieb beseitigen: Sowohl auf Wischhafener als auch auf Glückstädter Seite sollen behördlicherseits neue Anlegestellen entstehen, die nicht nur den Fahrweg geringfügig verkürzen, sondern auch Doppelanleger vorsehen für gleichzeitige Abfertigung zweier Fähren. Die FRS ist im Gegenzug bereit, in neue Fähren zu investieren, die nicht nur als so genannte Doppelendfähren das zeitaufwändige Drehen überflüssig machen. Die neuen Schiffe sollen auch schneller werden und vor allem emissionsfreie Antriebe erhalten – dank Öko-Stroms unter anderem aus eigenen Photovoltaikanlagen. Die FRS versteht ihren Vorschlag als „echte Alternative zur festen A20-Querung“, und zwar „signifikant günstiger“ als der bislang geplante Autobahntunnel, wirbt mit Unterstützung durch BUND und NABU, verweist auf Möglichkeiten partieller Renaturierung etwa der Wischhafener Süderelbe sowie weiterer Flächen: Insgesamt haben ihre Planer eine Erhöhung der Fährkapazität auf 600 Prozent des heutigen Standards errechnet und versprechen eine Verkürzung der Überfahrt auf rund 14 Minuten bei gleichzeitiger Vermeidung bisheriger Wartezeiten: „Grüne Mobilität in Form einer schwimmenden Autobahn“.
Wobei das letzte Wort nicht missverstanden werden sollte. Die FRS fordert von der Politik für ihre nicht unerheblichen Investitionen eine Planungssicherheit und stellt dazu glasklar fest: „Diese ist nicht gewährleistet, solange an der A20 festgehalten wird.“
Das Infoblatt der FRS über ihre Zukunfts-Konzeption kann hier kostenlos heruntergeladen werden.