Mehr als 100 Individuen und mehrere Dutzend internationaler Organisationen haben bislang einen Offenen Brief unterzeichnet, der die im Sommer dieses Jahres im chinesischen Kunming geplante Fortsetzungs-Konferenz der UNO zur Biodiversität auffordert, die Menschenrechte in den Mittelpunkt der globalen Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt zu stellen. Vor allem geht es dabei um den Schutz der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften nicht nur, aber auch entlang der ozeanischen Küsten.
Bei den vorbereitenden Verhandlungen über das geplante Rahmenabkommen über eine UN-Konvention zum Schutz der Artenvielfalt (CBD) – im Oktober vergangenen Jahres mit der unzureichenden „Erklärung von Kunming“ angestoßen – geht es unter anderem um das so genannte 30x30-Ziel: Bis zum Jahre 2030 sollen 30 Prozent aller Land- und Meeresflächen der Erde unter Schutz gestellt werden, um die biologische Vielfalt vor weiterer Dezimierung zu bewahren. Als erhebliches Problem erweist sich hier vor allem die Frage, wie die Interessen indigener Gemeinschaften beispielsweise (aber nicht nur) im Rahmen erforderlicher Meeresschutz-Programme garantiert werden können oder müssen. Ohne angemessene Absprachen sehen viele dieser Gemeinschaften ihre Rechte in Gefahr, zu jagen, zu züchten, zu fischen oder in geschützten Gebieten zu leben. Etlichen von ihnen droht der Verlust ihrer Lebensgrundlage und sogar ihres Zuhauses, wenn das geplante 30x30-Rahmenwerk nicht anerkennt und respektiert, dass indigene Gemeinschaften als die beste Verteidigung gegen nicht nachhaltige kommerzielle Ausbeutung der Natur anzusehen sind. Ihr wertvolles Wissen über Land und Gewässer, über Natur und Arten und deren Erhalt – auch bei gleichzeitiger Eigenbedarfs-Nutzung – könnte verloren gehen, wenn sie gewaltsam vertrieben oder ihre traditionellen Rechte nicht sichergestellt werden.
Zu den Initiatoren des Offenen Briefs (siehe unten) gehören unter anderem auch die Confédération Africaine des Organisations de Pêche Artisanale (CAOPA) mit Hauptsitz im Senegal und die in Brüssel ansässige Coalition for Fair Fisheries Agreements (CFFA). In dem Brief wird beispielsweise traditioneller Natur- und Umweltschutz, wie ihn die mächtigen Staaten auf den Weg gebracht haben und praktizieren, als „Festungsschutz“ bezeichnet: „Für viele indigene Völker und lokale Gemeinschaften bleibt Naturschutz eine ausgrenzende Praxis – eine, die Menschen gegen die Natur ausspielt.“ Der Brief – er kann nach wie vor von weiteren Organisationen und Individuen unterstützt werden – endet mit dem eindringlichen Appell: „Wir rufen die Führer aller Länder und ihre Vertreter … dazu auf, die drohende Biodiversitätskatastrophe abzuwenden, indem sichergestellt wird, dass das 30×30-Engagement mit der freien, vorherigen und informierten Zustimmung, Beteiligung und Führung der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften umgesetzt wird.“
Der volle Wortlaut des Offenen Briefs ist hier abruf- beziehungsweise einsehbar und
kann auf der entsprechenden Webseite auch zusätzlich gezeichnet/unterstützt werden.