Röhl, Wolfgang: Im Norden stürmische Winde; Kriminalkomödie;
MCE-Verlag (Medien Contor Elbe), Drochtersen 2007; Taschenbuch, 192 Seiten;
ISBN: 978-3-9380-9711-3; Preis: 10,90 Euro
Irgendwo in Norddeutschland liegt das fiktive Dorf Söderfleth. Genauer gesagt: Söderfleth liegt überall. In Söderfleth soll von der ebenfalls fiktiven Firma „Wonderwind“ ein riesiger Windpark errichtet werden. Auch hier gilt: Wegen der Fiktion könnte diese Firma auch beliebig heißen und in jeder beliebigen Branche tätig sein – Wind, Atom, Gülle, Chemie, Hafenbau, egal. Gegen dieses Vorhaben gibt es Widerstand von Einheimischen und Zugereisten, die sind überwiegend die Guten und die Klugen. Dagegen sind die Befürworter aus dem Dorf wie von außerhalb die zumeist eher tumben, aber gerissenen Profiteure, oft auch korrupt. Zwischen diesen Fronten gibt es Streit und Übergriffe, ja, sogar Anschläge, es gibt Verleumdungen und Hetzkampagnen. Und selbstverständlich gibt es, wie überall, auch diejenigen, die sich nicht entscheiden können oder wollen.
Damit hätten wir schon den Kern dieser herrlichen Krimikomödie umrissen: Weil sie überall und nirgends spielen könnte, kann sich jeder von ihr angesprochen fühlen – und jeder erkennt in den Typen, die da agieren, seine Freunde, Nachbarn, nahe und ferne Gegner und vielleicht auch sich selbst. Überhaupt setzt Wolfgang Röhl sehr gekonnt auf Wiedererkennung. Kein Wunder: Der in Stade geborene und aufgewachsene Autor, Jahrgang 1947, ist nicht nur der jüngere Bruder von Klaus Rainer Röhl, dem ehemaligen Herausgeber der linken Zeitschrift „Konkret“, sondern war selbst in jungen Jahren Redakteur dieses Blattes, heute arbeitet er beim „stern“. Soll heißen: Röhl kennt Deutschlands Altlinke aus den Siebzigern ebenso wie Bürgerinitiativen oder Grün-Alternative aus den Achtzigern und später. Und er ist über viele Jahrzehnte kritischer Berichterstatter und Kommentator von Machtstrukturen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Folglich hat er – als guter Beobachter, der er ist – keine Probleme, Menschen aus seiner Umgebung oder seiner politischen Erfahrungswelt so verfremdet und doch trefflich zu beschreiben, dass ihre Stärken und Schwächen einen glänzenden Romanstoff ergeben.
„Stürmische Winde“ ist aus all diesen Gründen nichts weniger als ein Lesevergnügen, selbstverständlich mit einem Happyend im Sinne der Aufmüpfigen: Wenn schon der Alltag allzu oft keine politischen Erfolge beschert, kann man ja wenigstens per Roman ein bisschen Kraft tanken. Und für diejenigen, die sich – wo auch immer – erfolgreich engagiert haben, ist dies eine schöne, weitere Bestätigung. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, so einfach ist das. (-bi-)