Bengen, Harm: Störtebeker – De leeven Gods Fründ un aller Welts Feind; Achterbahn im Lappan Verlag, Oldenburg 2010; 80 Seiten; ISBN 978-3-8998-2309-7; Preis 12,00 Euro.
Der Bundestag hat gerade das Mandat der Marine gegen die Piraterie vor Somalias Küste verlängert; Bremerhavens Nautischer Verein lässt derweil – scheinbar unbeeindruckt von jener Realität – die honorigen Gäste seines Gala-Abends von Hostessen im Film-Piraten-Outfit begrüßen: Da darf doch wohl ein namhafter Cartoonist wie Harm Bengen eine Störtebeker-Geschichte in Comic-Form präsentieren?
Der Name Bengen dürfte hinreichend bekannt sein – als Karikaturist ist der gebürtige und bekennende Ostfriese in Tageszeitungen, Gewerkschaftsblättern, Stadt- und Regionalmagazinen sowie im Internet regelmäßig vertreten. Seine mit sichtlich viel Liebe zum Detail gezeichnete und engagiert betextete Störtebeker-Geschichte hält sich nicht nur sehr eng an historische Gegebenheiten, er ergänzt sie – neben historischen Karten, Zeittafel und Glossar – auch durch einen frei erfundenen Prolog: Darin bietet er eine mögliche Erklärung, wie Störtebeker (der Pirat sieht übrigens seinem zeichnenden Schöpfer ziemlich ähnlich) wohl zum Seeräuber geworden sein könnte.
Harm Bengens „Störtebeker“ ist ein eindeutig politischer Comic: Die Piraten sind die Opfer der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse jener Zeit, die Pfeffersäcke die Bösen und die Profiteure, ihre Schergen kommen als geifernde und blutrünstige Brutal-Fratzen daher – eine glasklare Verteilung, aber insgesamt durchaus sympathisch. Nicht zu vergessen: Freundschaft und Solidarität sind für Bengen hohe Werte, für Verschwörung und Verrat (die zu Störtebekers Scheitern und blutigem Ende maßgeblich beigetragen haben) hat er nur Verachtung übrig. Diese Haltung mündet konsequenterweise in einem sehr deutlichen Schlusswort zu „Piraterie gestern und heute“, das die Situation vor Somalia ausdrücklich nicht ausklammert: Es gehe eben nicht in erster Linie um Verbrechen, sondern um „ein gewaltsames Aufbegehren gegen die Allmacht des Geldes und dagegen, dass Kapitalinteressen diktieren, was Gerechtigkeit ist“. (-bi-)