Hinweis: Dieser Text stammt aus der aktuellen Version unseres Informations-Flyers zur Kampagne (Stand: April 2018). Er darf – nein: soll! – kopiert und verbreitet werden (den Flyer selbst und weiteres Info-Material gibt es hier). Der Text darf sachgerecht gekürzt oder auszugsweise verwendet werden, es ist aber nicht zulässig, seine Inhalte zu verändern – und im Interesse der Fairness bitten wir eindringlich darum, ihn nicht ohne Quellenhinweis zu verwenden. Danke.
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Es ist an der Zeit, in der Gestaltung einer gerechten und umweltfreundlichen Weltwirtschaft auch den Seeverkehr und seine Bedingungen zu berücksichtigen. Die Situation von rund 1,2 Millionen Seeleuten darf nicht länger ausgeblendet werden. „Fair übers Meer!“ – ein Bündnis aus Arbeitnehmervertretungen und Nichtregierungsorganisationen – stellt deshalb folgende Forderungen an die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft:
- Nach internationalem Recht haben Schiffe die Flagge des Staates zu führen, in dem der nutznießende Eigentümer ansässig ist. Das Seerecht schreibt vor: „Zwischen dem Staat und dem Schiff muss eine echte Verbindung bestehen.“ Diese Norm muss endlich weltweit verbindlich werden.
- Jedes Schiff muss eine tarifliche Vereinbarung mit einer Seeleutegewerkschaft seines Flaggenstaates abschließen. Solange es Billigflaggenschiffe gibt, muss wenigstens ein Tarifvertrag der ITF vorgewiesen werden können. Der ITF-Tarif als Mindeststandard darf auf keinem international fahrenden Schiff mehr unterschritten werden.
- Im Kampf gegen Billigflaggen und schlechte Arbeitsbedingungen müssen die amtlichen Schiffskontrollen in den Häfen (Hafenstaatkontrolle) quantitativ ausgeweitet und qualitativ verschärft werden.
- Um die Teilhabe der Länder des globalen Südens am internationalen Seetransport zu fördern, hat die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) schon vor vielen Jahren eine feste Verteilung des Ladungsaufkommens vorgeschlagen: Je 40 Prozent durch Schiffe des Export- und des Importlandes, 20 Prozent durch Dritte. Im Interesse eines gerechten Welthandels muss dieser UNCTAD-Kodex 40-40-20 politisch wieder aufgegriffen und vorangetrieben werden.
- An Bord und in den Häfen muss für alle Beschäftigten der Gleichheitsgrundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten.
- Der Transportweg eines Produkts muss transparent sein und auf allen Produkten oder in geeigneter Form öffentlich gemacht werden.
- Alle am Seehandel teilnehmenden Nationen müssen ein ihrer Flottengröße entsprechendes Maß an nationaler Ausbildung und Beschäftigung auf Schiffen unter eigener Flagge gewährleisten, um das maritime Knowhow zu erhalten.
- Die immer größer werdenden Schiffe – Ausdruck massiv betriebener Kostensenkung und verdrängenden Wettbewerbs – gefährden zunehmend die von ihnen angelaufenen Küsten- und Flussökosysteme. Schiffe müssen sich den vorhandenen Zufahrtswegen zu den Häfen anpassen, nicht umgekehrt.
- Um die negativen Folgen der Seeschifffahrt für Klima und Meeresumwelt zu verringern, müssen Schiffe mit hochwertigen, schwefelarmen Kraftstoffen und umweltfreundlichen Antriebssystemen fahren und ihre Emissionen so weit wie technisch möglich verringern.
- Die deutsche Politik soll sich auf internationaler Ebene für ein komplettes Verbot der Abfall- und Ölgemischentsorgung auf den Weltmeeren einsetzen. Weltweit, zumindest aber europaweit, ist allen einlaufenden Schiffen in den Häfen ein System zur verpflichtenden Abgabe von Abfällen jeder Art anzubieten. Auf allen Schiffen muss geeignete Zwischenlagerung ausrüstungspflichtig werden.
- Das Abwracken von Schiffen muss unter ökologisch und sozial verantwortlichen Bedingungen stattfinden. Deutschland muss die Hongkong-Konvention ratifizieren und diesbezügliches EU-Recht umsetzen. Deutschland muss sich zur Einrichtung von Schiffsrecycling-Anlagen bekennen und die Reeder/Eigentümer verpflichten, diese zu nutzen.
- Reedereien, die Schiffe ausmustern, werden aufgefordert, ihre jetzige Politik und Praxis hinsichtlich Verkauf und der Verschrottung zu überdenken. Handelsunternehmen müssen sicheres und sauberes Schiffsrecycling in ihre Pläne zur sozialen Verantwortung der Unternehmen integrieren.
- Schiffe sollten künftig so gebaut werden, dass sie sich umwelt- und sozialverträglich betreiben, nutzen, zerlegen und recyceln lassen.
- Der Faire Handel, die öffentliche Beschaffung sowie die Unternehmen mit staatlicher Beteiligung sollen im Rahmen ihrer Vorbildfunktion ihre Produkte nur noch von solchen Reedereien, Hafen- und Logistikunternehmen transportieren lassen, die nicht auf unstete Beschäftigung, Billigarbeitsplätze oder Leiharbeit setzen und die nach Tarif bezahlen.
Die Kampagne „Fair übers Meer!“ fordert die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft auf, Fairness endlich auch im Handel über See zu verwirklichen. Nur ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis mit Druck von unten kann Billigflaggen und die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen durchleuchten, aufdecken und verändern.