Maritimer Augenschmaus – Rezension

Die­mer, Clau­di­us: „Das Gesicht der Mee­re“ – Inseln und Küs­ten aus der Weltraumperspektive;
mare­ver­lag, Ham­burg 2009; Bild­band mit Erläu­te­run­gen, 144 Seiten;
ISBN: 978-3-8664-8098-8; Preis 58,00 Euro.

Es hat seit den Anfän­gen der Satel­li­ten­tech­nik schon vie­le Bild­bän­de mit Erd­auf­nah­men von hoch oben gege­ben, dar­un­ter auch etli­che mit Bli­cken auf Was­ser und Küs­ten. Aber Clau­di­us Die­mer darf für sich in Anspruch neh­men, etwas Beson­de­res geschaf­fen zu haben. Denn der 40-jährige Geo­graf und Foto­in­ge­nieur hat sich nach Anga­ben sei­nes Ver­la­ges „auf den ästhe­ti­schen Aspekt der Erd­auf­nah­men“ kon­zen­triert – und das macht sei­ne ganz per­sön­li­che Sicht auf mehr als 50 Inseln, Insel­grup­pen, Ästua­re oder Meer­engen zu einem klei­nen mari­ti­men Augenschmaus.

Die­mer besticht durch hohen Anspruch und Sorg­falt: Er erläu­tert zunächst ein­mal ein paar Grund­be­grif­fe der Satel­li­ten­bild­tech­nik und der Ver­ar­bei­tung der ent­spre­chen­den Fotos. Anschlie­ßend ent­führt er Lese­rin­nen und Leser auf eine klei­ne Welt­rei­se von Nord- und Ost­see über Atlan­tik, Polar­mee­re, Pazi­fik und Indi­schen Oze­an zurück nach Euro­pa ins Mit­tel­meer: Jedes sei­ner aus­ge­wähl­ten Bild­mo­ti­ve prä­sen­tiert er auf einer Dop­pel­sei­te – rechts das groß­for­ma­ti­ge (27 x 22,5 Zen­ti­me­ter) Foto, links eine klei­ne Über­sichts­kar­te sowie ein kur­zer Erklär­text mit geo­lo­gi­schen, geo­gra­phi­schen, kli­ma­ti­schen oder wei­te­ren Details über die abge­bil­de­te Region.

Hier übri­gens bleibt die ein­zi­ge Kri­tik fest­zu­hal­ten, nein, eher eine Anre­gung für even­tu­el­le wei­te­re Auf­la­gen die­ses beein­dru­cken­den Werks: Es wäre wün­schens­wert, auf die­sen lin­ken Sei­ten zusätz­lich auf klei­nen Karten-Risszeichnungen geo­gra­phi­sche Namen wie­der­fin­den und somit zuord­nen zu kön­nen, zumal wenn die­se Begrif­fe im Erklär­test expli­zit erwähnt wer­den: Nicht alle sind in „Erd­kun­de“ so sat­tel­fest, dass sie jede genann­te Stadt, Bucht oder Insel prä­zi­se iden­ti­fi­zie­ren können.

Aber sol­che Mini-Mängelchen kön­nen den ins­ge­samt her­aus­ra­gen­den Ein­druck des Diemer-Werks nicht wirk­lich trü­ben. Es ist nichts weni­ger als berau­schend, sich in die Bil­der zu ver­tie­fen, Strö­mun­gen, Wind­fel­der oder Sedi­ment­fah­nen zu ver­fol­gen – selbst wenn es erschre­ckend wirkt, etwa im Jangste-Delta die Dreck­mas­sen zu sehen, die da immer noch ins Meer gespült werden.

Das Buch wird abge­run­det durch wei­te­re Infor­ma­tio­nen über die Satel­li­ten­er­kun­dung von Küs­ten und Mee­ren, durch ein gutes Glos­sar sowie durch aus­führ­li­che tech­ni­sche Daten zu den ein­zel­nen Bil­dern. Als klei­nen Lecker­bis­sen schließ­lich bie­ten Ver­lag und Autor die Mög­lich­keit, sich ein­zel­ne, als beson­ders ein­drucks­voll emp­fun­de­ne Bil­der groß­for­ma­tig auf Büt­ten oder Lein­wand dru­cken zu las­sen und als Wand­schmuck zu ver­wen­den (oder zu verschenken).

Die­mers Bild­band zeugt ein­mal mehr von der Viel­falt unse­rer Mee­re und ihrer Küs­ten, aber auch von ihrer Abhän­gig­keit von natür­li­chen eben­so wie anthro­po­ge­nen Ein­flüs­sen. Schön. (pj)