Steckbriefe aus Nord- und Ostsee – Rezension

Nar­ber­haus, Ingo, Krau­se, Jochen, und Ber­nitt, Ulri­ke (Bear­bei­tung): Bedroh­te Bio­di­ver­si­tät in der deut­schen Nord- und Ost­see – Emp­find­lich­kei­ten gegen­über anthro­po­ge­nen Nut­zun­gen und den Effek­ten des Kli­ma­wan­dels; Schrif­ten­rei­he „Natur­schutz und Bio­lo­gi­sche Viel­falt” des Bun­des­am­tes für Natur­schutz (BfN), Heft 116; Bonn – Bad Godes­berg, 2012; Ver­trieb über Land­wirt­schafts­ver­lag Müns­ter; gebun­den, 674 Sei­ten; ISBN 978-3-7843-4016-6; Preis 39,00 Euro.

Die mensch­li­chen Nut­zun­gen … belas­ten die Mee­res­le­bens­räu­me und ihre Fau­na wie Flo­ra zuneh­mend.” An ande­ren Stel­len die­ser Aus­ga­be ist mehr­fach die Rede von die­ser Erkennt­nis – zitiert aus der Ein­lei­tung – und ihren in vie­le gesell­schaft­li­che Berei­che wir­ken­den Fol­gen. Wer sich mit die­ser The­ma­tik befasst, ist somit gut bera­ten, auch über bio­lo­gi­sche oder öko­lo­gi­sche Details infor­miert zu sein. Eigent­lich hät­te ein Buch wie die­ses dafür das geeig­ne­te Hand­werks­zeug lie­fern kön­nen. Lei­der haben die Macher – Autoren, Bear­bei­ter, Her­aus­ge­ber – sich offen­sicht­lich nicht ent­schei­den kön­nen, für wen sie die­ses Werk eigent­lich erar­bei­ten wollten.

Als „wis­sen­schaft­li­che Grund­la­ge für die Manage­ment­plä­ne” des Schutz­ge­biets­netz­werks NATURA 2000 weist die Selbst­be­schrei­bung das Buch aus – ohne selbst Wis­sen­schaft­ler zu sein, kom­men einem beim Stu­di­um doch Zwei­fel, ob es dafür nicht viel zu kom­pri­miert ist. „Kurz und über­sicht­lich und doch umfas­send”, so der wei­te­re Anspruch, soll das Buch „dem Fach­pu­bli­kum, aber auch der Öffent­lich­keit, als Hand­buch” die­nen: Das klingt zwar schon anders, bleibt aber lei­der im Ansatz stecken.

Kern des Werks sind – nach einer kur­zen Ein­lei­tung sowie einer Ein­füh­rung in die Aspek­te des Kli­ma­wan­dels – die „Steck­brie­fe” der ver­schie­de­nen in Nord- und Ost­see vor­kom­men­den Lebens­raum­ty­pen sowie der Arten „Wir­bel­lo­se”, „Fische” und „Mari­ne Säu­ge­tie­re”; zuvor erklärt eine Ein­füh­rung noch die Struk­tur die­ser Steck­brie­fe und gibt Anlei­tung für ihren Gebrauch. Die AutorIn­nen all die­ser Tex­te haben sich erkenn­bar und weit­ge­hend erfolg­reich bemüht, ihre Kennt­nis­se ver­ständ­lich zusam­men­zu­fas­sen und dar­zu­stel­len. Das ist eine ent­schei­den­de Vor­aus­set­zung für den Anspruch „Hand­buch”, zumal für eine – nicht-wissenschaftliche – Öffentlichkeit.

Die­ser Ansatz hät­te aber ganz ein­deu­tig unter­stri­chen wer­den kön­nen – und müs­sen – durch eine anspre­chen­de­re Gestal­tung: Die viel­fäl­ti­gen Bei­trä­ge sind nicht nur mit Tabel­len und Gra­fi­ken, son­dern häu­fig auch mit Kar­ten und meist sehr anspre­chen­den Fotos illus­triert. Hät­te man Letz­te­re ihren sehr attrak­ti­ven Moti­ven ent­spre­chend deut­lich grö­ßer for­ma­tiert, hät­te das „Hand­buch” zwei­fel­los erheb­lich gewon­nen, hät­te fast ein Werk wer­den kön­nen, das allein durch sei­ne Auf­ma­chung zum Blät­tern – und auf die­sem Wege zum Lesen – ein­lädt. Die­se Chan­ce haben die Macher lei­der verpasst.

Bleibt also der Nutz­wert für die­je­ni­gen, die sich – fach­lich „vor­be­las­tet” – kom­pri­miert über Details der mari­nen Bio­di­ver­si­tät infor­mie­ren wol­len. Für die­sen Kreis haben die AutorIn­nen zwar reich­lich infor­ma­ti­ves Mate­ri­al zusam­men­ge­tra­gen; lei­der haben die Bear­bei­ter und Her­aus­ge­ber es ver­säumt, den Nut­zen durch ein aus­führ­li­ches Regis­ter zu erhö­hen: Nur über das Inhalts­ver­zeich­nis, das die behan­del­ten Lebens­räu­me und Arten auf­zählt, ist eine – ein­ge­schränk­te – Suche mög­lich. Tja, und die Fra­ge, ob ein mehr als 120 Sei­ten umfas­sen­des Lite­ra­tur­ver­zeich­nis – knapp 20 Pro­zent des Buch­um­fangs! – wirk­lich erfor­der­lich ist, wer­den zwar etli­che Wis­sen­schaft­le­rIn­nen mit „ja, unbe­dingt” beant­wor­ten: Die „Öffent­lich­keit”, die auch Adres­sat die­ses Buches ist, dürf­te das anders sehen. Irgend­wie scha­de. (-bi-)