Immer auf Seiten der Beschäftigten – Rezension

Geff­ken, Rolf: Arbeit und Arbeits­kampf im Hafen – Zur Geschich­te der Hafen­ar­beit und der
Hafen­ar­bei­ter­ge­werk­schaft; Bre­men, 2015; Ver­lag: Edi­ti­on Fal­ken­berg, geför­dert von der
Rosa-Luxemburg-Stiftung Nie­der­sach­sen e. V.; 148 Sei­ten, Paperback;
ISBN: 978-3-9549-4053-0, Preis 29,90 Euro

Der Mann ist eine Insti­tu­ti­on. Nicht nur in die­ser Zei­tung ist der Arbeitsrechts-Anwalt Rolf Geff­ken bekannt – als uner­müd­li­cher Kämp­fer für Beschäf­tig­ten­rech­te sowohl in der Bera­tung und vor Gericht als auch als Autor vie­ler auf­klä­ren­der Bei­trä­ge und Bücher. Ein Schwer­punkt sei­nes viel­fäl­ti­gen Enga­ge­ments war und ist die Situa­ti­on von See­leu­ten und Hafen­ar­bei­tern. Kein Wun­der: Geff­ken ist gebo­re­ner Bre­mer­ha­ve­ner, hat dort Abitur gemacht, in Bre­men mit einer Arbeit über „See­leu­te­streik und Hafen­ar­bei­ter­boy­kott“ pro­mo­viert und ist seit fast 40 Jah­ren in Ham­burg und Caden­ber­ge nahe der Elb­mün­dung als Fach­an­walt für Arbeits­recht ansäs­sig: Ein Mann von der Küs­te für die Küste.

Arbeit und Arbeits­kampf im Hafen“ heißt Geff­kens neu­es­te Ver­öf­fent­li­chung – ein Büch­lein von knapp 150 Sei­ten, das in der „Edi­ti­on Fal­ken­berg“ erschie­nen und des­sen Her­aus­ga­be von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nie­der­sach­sen unter­stützt wor­den ist. Ein Buch, das es in sich hat: Jüngst soll Geff­ken in Bre­mer­ha­ven die Teil­nah­me an einer Vertrauensleute-Versammlung ver­wehrt wor­den sein – obwohl selbst von eini­gen Hafen­ar­bei­tern ein­ge­la­den, soll sei­ne (auch im aktu­el­len Buch dar­ge­leg­te) kri­ti­sche Hal­tung zur Tarif­po­li­tik anschei­nend Anlass zur Aus­gren­zung gege­ben haben.

Unbe­quem war er immer, will es wohl auch sein – und so schreibt er: Das Buch „zur Geschich­te der Hafen­ar­beit und der Hafen­ar­bei­ter­ge­werk­schaft“ (Unter­ti­tel) beginnt im 19. Jahr­hun­dert bei der Ent­ste­hung ver­schie­de­ner Hafen­ar­bei­ter­be­ru­fe und stellt die Ent­wick­lung bis heu­te akri­bisch dar. Geff­ken kon­zen­triert sei­ne Betrach­tung auf Arbeits­all­tag und Bezah­lung, auf Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und Enga­ge­ment der Hafen­ar­bei­ter für eige­ne Belan­ge eben­so wie in soli­da­ri­scher Unter­stüt­zung etwa der See­leu­te. Aus­führ­lich ana­ly­siert er dabei auch meh­re­re gro­ße Hafen­ar­bei­ter­streiks und klei­ne­re Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Ein­ge­bet­tet ist dies zum einen in die his­to­ri­sche Ent­wick­lung vom Kai­ser­reich über Wei­ma­rer Repu­blik, Faschis­mus, BRD und DDR bis heu­te. Zum ande­ren erläu­tert Geff­ken grif­fig die tech­ni­sche und struk­tu­rel­le Ent­wick­lung von Schiff­fahrt und Umschlag zur moder­nen Logis­tik und die sich dar­aus erge­ben­de Ver­än­de­rung der Arbeitsbedingungen.

Der Mann von der Küs­te tut dies nicht „objek­tiv“. Sei­ne Schrei­be ergreift immer Par­tei für die Beschäf­tig­ten – so kon­se­quent, dass je nach Umstän­den nicht nur Kapi­tal, Regie­run­gen und Par­tei­en, son­dern durch­aus auch Füh­rungs­eta­gen der eige­nen Orga­ni­sa­tio­nen und Struk­tu­ren in die Kri­tik gera­ten. Das genann­te Bre­mer­ha­ve­ner Bei­spiel zeugt da von Treffsicherheit…

Die­ses Buch ist nicht nur für Men­schen an der Küs­te wich­tig und anre­gend. Es wäre gut, fän­de es vor allem im Bin­nen­land Ver­brei­tung – macht es doch her­vor­ra­gend klar, wie die Ver­sor­gung des stark export­ab­hän­gi­gen Kon­sums in die­sem Lan­de auch in der logis­ti­schen Ket­te mit schlech­ten Arbeits­be­din­gun­gen und ande­ren For­men der Aus­beu­tung ein­her­geht: Häfen sei­en „kei­ne Orte der Roman­tik und Exo­tik“, betont Geffken.

Zwar fokus­siert er sei­ne Betrach­tung auf die rei­ne „Hafen­ar­beit“, erläu­tert aber auch die arbeits­tei­lig beding­te gegen­sei­ti­ge Abhän­gig­keit von Hafen­ar­bei­tern und See­leu­ten (nicht nur) in Arbeits­kämp­fen. Er beschreibt die Ent­ste­hung der kampf­star­ken Trans­port­ar­bei­ter­ge­werk­schaft ITF eben­so wie das Sys­tem der „Bil­lig­flag­gen“ oder die bis­lang am Wider­stand geschei­ter­ten Ver­su­che der EU-Kommission, mit „port packa­ge“ genann­ten Richt­li­ni­en die Ent­rech­tung von See­leu­ten wie Hafen­ar­bei­tern voranzutreiben.

Lohn- und Streik­ver­zicht hät­ten sich für Hafen­ar­bei­ter noch nie aus­ge­zahlt, schreibt Geff­ken im Schluss­wort. Und mit Blick auf die aktu­el­le Tarif­po­li­tik ergänzt er, eine bloß „for­ma­le“ Ein­heit bewir­ke wenig. Das gilt nicht nur für Häfen… (-bi-)