Wilhelmsen, Ute, und Stock, Martin: „Wattenmeer – entdecken und verstehen“;
Kiel / Hamburg, 2015; Wachholtz Verlag; 128 Seiten, broschiert;
ISBN 978-3-5290-5358-0; Preis 12,80 Euro.
Dieses Büchlein hat einen entscheidenden Vorteil, der dummerweise mit einem entscheidenden Nachteil einher geht. Mit einem Format von weniger als DIN A 5 ist es sehr handlich und kann folglich bequem mitgenommen werden, wenn man loszieht, um den Titel – und Anspruch – umzusetzen: eben das Wattenmeer zu entdecken und dabei auch zumindest ansatzweise zu verstehen. Dafür ist dieses Buch gemacht und das erfüllt es auch ziemlich gut. Für Laien ist es eine wahre Fundgrube und selbst Kenner dürften noch das eine oder andere finden, was sie noch nicht wussten. Der eingangs erwähnte Nachteil ergibt sich leider aus diesem bequemen Format: Viele der beeindruckenden Abbildungen des bekannten Wattenmeer-Fotografen Martin Stock hätten es verdient, sehr viel größer präsentiert zu werden und so erheblich bessere Wirkung zu erzielen. Aber alles auf einmal geht nun mal nicht…
Biologin Ute Wilhelmsen erklärt gut lesbar und verständlich, was Wattenmeer eigentlich ist, wie es entstand, woraus es besteht, wie es „funktioniert“. Sie beschreibt die Inseln, die Küsten, blühende Salzwiesen, Ebbe und Flut, natürlich auch die schützenden Deiche, sie führt die Leser durch mäandernde Priele und auf trockenfallende Sände. Sie informiert darüber, was dieses Prädikat „Weltnaturerbe“ eigentlich bedeutet und was die UNESCO damit zu tun hat. Das alles leistet sie anschaulich, aber ohne erhobenen Zeigefinger, sie nimmt die Leser mit.
Und leitet sie zum 60seitigen Hauptteil des Buches, der dem Lebensraum Wattenmeer in seinen Details gewidmet ist: Wattflächen, Salzwiesen, Dünen und Strände werden vorgestellt mit ihren pflanzlichen und tierischen Bewohnern. Man erfährt etwas über die Dauerbewohner, über Arten auf der Durchreise, über Kinderstuben. Man lernt, wie Überleben und wie Anpassung sich entwickeln oder gestört werden. Dieser Teil übrigens hätte, bei allem Respekt vor der gut lesbaren Darstellung, entweder etwas ausführlicher oder anders strukturiert ausfallen können: Die Vorstellung des bunten und abwechslungsreichen Lebensraums Wattenmeer durch Kapitel wie „Flying Five“, „Salty Five“ oder „Exotic Five“ – wieso eigentlich auf Englisch? – immer nur auf fünf ausgewählte Arten zu begrenzen, wird einerseits der Vielfalt nicht gerecht. Andererseits schränkt es, zumal bei gleichzeitigem Verzicht auf ein ausführliches Stichwortregister, die Alltagstauglichkeit des Buches durchaus ein: Das knappe Glossar ist zwar inhaltlich sorgfältig erarbeitet, kann diese Lücke aber nicht schließen. Siehe oben: Man kann nicht alles haben…
Im knappen Schlussteil setzt sich Ute Wilhelmsen mit dem Wirken des Menschen auf das Wattenmeer auseinander. „Zerstörung ist nicht das Wesen von Zivilisation“, schreibt sie an einer Stelle – meint damit aber nicht, dass der anthropogene Einfluss hier und da zuückgedrängt, ja, unterbunden werden müsste. Als Antwort auf wachsenden Massentourismus favorisiert sie eher die „Besucherlenkung“, wenngleich sie kritisiert, dass deren Umsetzung häufig an fehlenden Finanzen und zu geringem Personal scheitert. „Kaum jemand stört mutwillig die empfindliche Tierwelt“, glaubt sie zu wissen. Nun, ja…
(-bi-)