oekom e. V. – Verein für ökologische Kommunikation (Hrsg.):
„Meeresschutz – Von der Rettung des blauen Planeten“; München, 2016; oekom Verlag;
„politische ökologie“ (ISSN 0933 5722), Jg. 34, Heft 145, Mai 2016; Preis 17,95 Euro
Die Zeitschrift „politische ökologie“ ist eine unter so genannten Umweltbewegten mindestens bekannte und meist angesehene Zeitschrift. Zum zweiten Male in seiner Geschichte – wenn die Erinnerung nicht täuscht… – hat das Münchener Periodikum aktuell eine Schwerpunkt-Ausgabe zum Meeresumweltschutz vorgelegt. 14 Sachbeiträge, dazu ein mehr oder weniger informativer Kurzmeldungs-Mix und ein paar Lesetipps; das Ganze in gewohnt lockerer, leicht lesbarer, aber spärlich illustrierter Typographie auf etwas mehr als hundert handlichen Seiten: Heft 145 ist, wie viele Ausgaben dieser Zeitschrift, prima geeignet für einen fundierten Einstieg in das jeweilige Thema, wenngleich versiertere Leserinnen und Leser nur wenig Neues entdecken dürften.
Nun also Meeresschutz. Das beste aller knappen Statements findet sich ziemlich zu Anfang, es stammt von der US-Zoologin Rachel Carson (1907-1964), es ist bekannt und kann doch nicht oft genug wiederholt werden: „Es ist grotesk, dass das Meer, aus dem alles Leben erwuchs, nun von den Aktivitäten einer aus ihm entstandenen Lebensform bedroht wird.“ Folgerichtig stellen die einzelnen Beiträge sowohl „das Meer“ an sich vor als auch die vielen anthropogenen Einflüsse, denen es ausgesetzt ist: Klimawandel, Überfischung, Vermüllung, Lärm, Schifffahrt, Emissionen – die Beschreibungen sind qualifiziert, ihre Auswahl aber nur fragmentarisch. Und der bekannte, ja, teilweise längst berüchtigte Ansatz der so genannten Nachhaltigkeit wird hier leider nur teilweise kritisch beäugt. Das gilt auch für weitere Aufsätze, die sich mit etlichen Versuchen auseinandersetzen, den Umgang des Menschen mit dem Meer irgendwie zu regeln. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) der Europäischen Union wird ebenso betrachtet wie die Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) zur „ocean governance“ und zur Reform von UNCLOS.
Die Autorinnen und Autoren sind, zumindest für Eingeweihte, fast alle bekannt, der BUND ist ebenso „dabei“ wie der NABU, wie Deepwave oder Greenpeace; aber auch GEOMARs Klimapapst Mojib Latif oder das Umweltbundesamt dürfen nicht fehlen. Makabres und überflüssiges I-Tüpfelchen allerdings ist ein Interview mit Maria Damanaki, nur weil die nach ihrer Demission als EU-Kommissarin Repräsentantin von „The Nature Conservancy“ (tnc) geworden ist – einer äußerst dubiosen US-Organisation mit „supporters“ wie PepsiCola, Microsoft und Hewlett-Packard.
Was in dem Schwerpunktheft übrigens völlig fehlt, sind die Blicke sowohl auf Flüsse und ihre anthropogenen Einträge in die Meere als auch auf die massiven Veränderungen, die der Mensch den Küsten antut – Landgewinnung, Hafenbau, Mangrovenvernichtung, um nur einige zu nennen. Und dass Meerespolitik und Meeresschutz auch vielfältige soziale Aspekte haben, das ahnt man bestenfalls bei der Lektüre – obwohl gerade das (die Zeitschrift beweist es sonst ja auch) das Politische an der Ökologie wäre…
Peer Janssen