Solidarität mit Schatten – Rezension

Lei­nert, Sebas­ti­an: Agrar­wen­de? Lie­ber heu­te als mor­gen! Nor­der­stedt, 2020; Books on Demand; Paper­back, 248 Sei­ten; ISBN 978-3-7519-6702-0; Preis 16,00 Euro

Die­ses Buch wirft Licht und Schat­ten zugleich. Es taucht die Ver­hält­nis­se in der aktu­el­len Land­wirt­schaft in glei­ßen­des Schein­wer­fer­licht, macht Zustän­de sicht­bar, beleuch­tet Mög­lich­kei­ten zur Ver­än­de­rung. Das ist das Gute an die­sem Buch. Lei­der gibt es auch eine Schat­ten­sei­te, nein, meh­re­re. Dazu spä­ter mehr.

Autor Sebas­ti­an Lei­nert ist pen­sio­nier­ter Forst­wis­sen­schaft­ler und beschreibt sich selbst als „lokal aktiv“ beim BUND, bei Green­peace und der Schutz­ge­mein­schaft Deut­scher Wald. In sei­nem Buch geht er ein auf die fort­schrei­ten­de Ent­wick­lung der Land­wirt­schaft in Rich­tung Agrar­groß­in­dus­trie zu Las­ten bäu­er­li­cher Struk­tu­ren, beschreibt öko­lo­gi­sche Fol­gen die­ses Pro­zes­ses, weist aber auch Alter­na­ti­ven aus. Lei­nert kon­zen­triert sich dabei – mehr wäre sei­ner Ansicht nach „ver­mes­sen“ – auf drei Aspek­te: Boden­pro­ble­ma­tik, Tier­zucht und sozia­le Aspek­te des Struk­tur­wan­dels (wobei die­ser drit­te Abschnitt vor­wie­gend EU-Subventionen behan­delt). In einem fol­gen­den Abschnitt stellt er einen bun­ten Fächer „Alter­na­ti­ver Wirt­schafts­for­men“ vom Öko­land­bau bis zum Urban Gar­dening vor. Durch­gän­gig wirbt er in sei­nen Aus­füh­run­gen sowohl um Ver­ständ­nis für die Land­wir­te, die er dem Wan­del zur Agrar­in­dus­trie mehr oder weni­ger aus­ge­lie­fert sieht, als auch um deren Ein­sicht, dass vie­le ihrer Prak­ti­ken, selbst etli­che prä­in­dus­tri­el­le, nicht mehr zukunfts­fä­hig sind.

Es ist die­ser Ver­such, eine gemein­sa­me Per­spek­ti­ve und ein soli­da­ri­sches Mit­ein­an­der von Land­wirt­schaft, Umwelt und Ver­brau­chern zu ent­wer­fen, der die­ses Buch ehren­wert macht. Lei­der kos­tet es aber – Stich­wort: Schat­ten – eini­ge Über­win­dung, es von Anfang bis Ende zu lesen. Das hat zwar auch zu tun mit dem durch­ge­hend sehr per­sön­li­chen, manch­mal aber etwas ver­wor­re­nen Stil – oft läs­tig. Wesent­li­cher ist, dass Lei­nert sich in extre­mem Maße bei ande­ren Quel­len bedient, teil­wei­se aus­ufernd aus Stu­di­en, Zei­tun­gen, Büchern zitiert und wie­der­gibt – dabei aber in der Refe­ren­zie­rung ein mun­te­res Durch­ein­an­der wal­ten lässt: Mal wird auf die (feh­ler­haf­te) eige­ne Lite­ra­tur­lis­te ver­wie­sen, mal im Fließ­text die Her­kunft benannt und gele­gent­lich taucht nur ein Nach­na­me ohne recher­chier­ba­ren Quel­len­pfad auf. Und schließ­lich trägt das ver­wir­ren­de und mit Fließ­text, Einrück-Absätzen und Grafik-Positionierung mun­ter durch­ein­an­der kegeln­de Lay­out zum Lese­hemm­nis deut­lich bei.

Zusam­men­ge­fasst: Eigent­lich ver­dient die­ses enga­gier­te und auch sehr infor­ma­ti­ve Buch wei­te Ver­brei­tung – aber dafür hät­te es zwecks bes­se­rer Les­bar­keit eines qua­li­fi­zier­ten Lek­to­rats und einer versiert-kreativen Gestal­tung bedurft. Schade.

Peer Jans­sen