Klimaschutz: Mehr matschiges Moor – Rezension

Cor­ne­lie Jäger: Kli­ma­schutz braucht Moor­schutz – War­um Moor­bö­den unse­re beson­de­re Auf­merk­sam­keit ver­die­nen und was wir für sie tun kön­nen; Mün­chen, 2020; Oekom Ver­lag; Paper­back, 145 Sei­ten; ISBN 978-3-9623-8220-9; Preis 24,00 Euro

Ein­ge­fleisch­te Moor­lieb­ha­ber ken­nen die vie­len schwer­ge­wich­ti­gen und beein­dru­cken­den Bücher zum The­ma Moor – Moor­kun­de – Moor­schutz. Sie ken­nen auch die „Män­ner aus dem Moor“, die häu­fig dahin­ter ste­hen, heim­li­che „Moor-Päpste“ wie Hans Joos­ten, Micha­el Suc­cow oder den Vor­rei­ter des Moor­schut­zes, Fritz Over­beck – um nur eini­ge der Moor­schüt­zer der ers­ten Stun­de zu nen­nen. Deren bren­nen­de Lei­den­schaft für das Moor muss man als Moor­lieb­ha­ber erlebt haben! Und dann kommt eine Frau mit einem klei­nen, hand­li­chen Büch­lein zum Moor­schutz daher. Oder geht es um Kli­ma­schutz? Es geht um bei­des, denn das eine geht nicht ohne das ande­re und umge­kehrt. Das macht Cor­ne­lie Jäger klar und das gelingt ihr auch.

Moo­re sind spe­zi­ell. Seit Jahr­hun­der­ten fas­zi­nie­ren sie nicht nur Natur­lieb­ha­ber, son­dern inspi­rier­ten auch Poe­ten und Maler. Wer kennt nicht Droste-Hülshoffs Seuf­zer: „Schau­rig ist‘s übers Moor zu gehen…“? Wer weiß jedoch, welch‘ her­aus­ra­gen­de Rol­le Moo­re gera­de beim Kli­ma­schutz spie­len? Moo­re spei­chern dop­pelt so viel Koh­len­di­oxid wie alle Wäl­der der Welt, obwohl sie nur drei Pro­zent der Erd­ober­flä­che bede­cken. Aber schau­rig ist’s, wenn das wie­der frei­ge­setzt wird. Genau dar­um geht es in die­sem Buch.

Cor­ne­lie Jäger beschreibt zunächst die unter­schied­li­chen Moor­ty­pen und lie­fert aktu­el­le Zah­len zur Ver­brei­tung. Sie erläu­tert die Fähig­keit der Moo­re, gro­ße Men­gen an Koh­len­stoff zu spei­chern. Sie stellt dar, dass kli­ma­schäd­li­che Gase wie CO2 ent­ste­hen, wenn die Moo­re tro­cken gelegt wer­den. Tro­cken­ge­leg­te und inten­siv land­wirt­schaft­lich genutz­te Moo­re emit­tie­ren kli­ma­schäd­li­che Gase in gro­ßem Umfang. Das gilt für die meis­ten Moor­ge­bie­te in Nie­der­sach­sen und Deutsch­land: Sie wer­den so zu einer gro­ßen Belas­tung für das Klima.

Wie­der­vernäs­sung – ja, bitte!

Ver­sucht man, die Moor­ge­bie­te wie­der zu vernäs­sen oder mög­lichst nass zu bewirt­schaf­ten, kann CO2 sogar wie­der gebun­den wer­den; zumin­dest könn­te eine gewis­se Kli­ma­neu­tra­li­tät erzielt wer­den. Das wür­de dem Kli­ma ja schon hel­fen. Die­se und wei­te­re Zusam­men­hän­ge wer­den in dem Buch gut erklärt. Dabei beschö­ni­gen die Aus­füh­run­gen etwa zur Wie­der­vernäs­sung nichts, es wer­den auch ent­ste­hen­de Schwie­rig­kei­ten beschrieben.

Das Büch­lein zeigt abschlie­ßend Mög­lich­kei­ten auf, wie vernäss­te Moor­bö­den nutz­brin­gend bewirt­schaf­tet wer­den kön­nen. Zudem wer­den noch Pro­gram­me und För­der­mög­lich­kei­ten zum Schutz der Moor­bö­den dargestellt.

Eine Anmer­kung in eige­ner Sache: Cor­ne­lie Jäger lebt in Süd­deutsch­land. Sie wird nicht wis­sen, dass hier im Nord­wes­ten mit der „Küs­ten­au­to­bahn“ A 20 das klima- und umwelt­schäd­lichs­te Stra­ßen­pro­jekt Deutsch­lands geplant wird. Sie hät­te es erwähnt, wenn sie gewusst hät­te, dass die geplan­te, mehr als 200 Kilo­me­ter lan­ge Auto­bahn­tras­se zu 80 Pro­zent durch Moo­re oder orga­ni­sche Böden ver­lau­fen soll und das Poten­zi­al, CO2 zu bin­den, im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes zube­to­nie­ren würde…
(zum Wider­stand gegen die Küs­ten­au­to­bahn sie­he auch Link in der rech­ten Spalte)

Das Büch­lein hält, was es ver­spricht: Es zeigt uns, war­um Moor­bö­den unse­re beson­de­re Auf­merk­sam­keit ver­die­nen und was wir für sie tun kön­nen. Es ist ange­nehm ver­ständ­lich geschrie­ben, gut struk­tu­riert und dabei infor­ma­tiv. Fotos, Tabel­len und farb­lich abge­setz­te Info­blö­cke lockern den Text auf. Für Men­schen, die sich schon län­ger mit Moor- und Kli­ma­schutz beschäf­ti­gen, bringt das Buch aller­dings nichts Neu­es. Aber die wis­sen ja auch schon, welch bedeu­ten­der Zusam­men­hang zwi­schen Moor- und Kli­ma­schutz besteht. Der Charme des Buches ist es gera­de, dass Men­schen, die die­se Zusam­men­hän­ge nicht ken­nen, auf anschau­li­che Wei­se dahin geführt wer­den. Allein das dient schon dem Moor- und Klimaschutz!

Eine Kri­tik gibt es doch: Der Umschlag des Buches ist schlicht und dabei anspre­chend. Eine Moor­land­schaft ist dar­auf aller­dings nicht dar­ge­stellt; es erscheint eher wie ein Schilf­gür­tel. Ah, doch, „Palu­di­kul­tur“ wird ja auch ange­spro­chen – der vom latei­ni­schen „palus“ (= Sumpf) abge­lei­te­te Begriff beschreibt eine tor­fer­hal­ten­de Wirt­schafts­wei­se durch nas­se Bewirt­schaf­tung. Dar­un­ter fal­len bei­spiels­wei­se der Anbau von Torf­moo­sen für die Her­stel­ler von Gar­ten­er­den, aber auch der Anbau von Wei­den oder Erlen zur Her­stel­lung von Holz­hack­schnit­zeln oder – im Nie­der­moor – die Kul­ti­vie­rung von Schilf zum Dach­de­cken oder Ein­streu­en. Letz­te­res ist ver­mut­lich auf dem Buch­um­schlag zu sehen.

Susan­ne Grube

Susan­ne Gru­be ist Diplom-Biologin und gehört zum
Koor­di­na­ti­ons­kreis der Initia­ti­ven und Umwelt­ver­bän­de gegen die A20 (A22)