Deutsche Reeder gehören nicht nur zu den mächtigsten der Welt, sondern auch zu den höchstsubventionierten: Tonnagesteuer, Lohnsteuereinbehalt, Senkung der Schiffsbesetzungsnorm, Ausbildungsförderung – trotzdem flaggen sie weiter aus. Eine Petition an den Deutschen Bundestag will das jetzt stoppen.
Der Hamburger Arbeitsrechtler Rolf Geffken, engagierter Streiter für die Rechte von Seeleuten und Hafenarbeitern, hat eine Petition an den ins Internet gestellt mit dem eindringlichen Appell: „Rettet die deutsche Seeschifffahrt – gegen die Abschaffung der Seefahrtsberufe“. Mehr als 2000 Menschen teilen bislang (Update 29. Februar) seine Auffassung, nahezu stündlich werden es langsam mehr – aber bis zum 30. April muss die Zielmarke von 10.000 Unterstützern erreicht werden, damit die Petition wirksam eingereicht werden kann.
WATERKANT ruft hiermit alle Leserinnen und Leser auf, den Seeleuten ihre Solidarität zu bekunden und die Petition umgehend zu unterstützen.
Die Situation war schon häufig Thema in unserer Zeitschrift: Deutsche Seeleute mit regulären Arbeitsverträgen sind den deutschen Reedern zu teuer. Das gilt für die gesamte Schiffsbesatzung bis hinauf zum Kapitän. Deutsche Reeder betreiben aktuell (Stand: 31.Januar) 2844 Handelsschiffe, 2499 davon sind in anderen Staaten registriert, „ausgeflaggt“. An Bord ausgeflaggter Schiffe dürfen Seeleute zu den Konditionen des Flaggenstaats angeheuert werden, die Internationale Transportarbeiter-Gewerkschaft ITF spricht bewusst von „Billigflaggen“. Von den derzeit 345 deutschen Schiffen unter deutscher Flagge gelten 188 nach ITF-Norm ebenfalls als „Billigflagge“, dank des 1989 gegen erbitterten Widerstand eingeführten „Zweitregisters“, demzufolge auch unter deutscher Flagge nicht zwingend nach deutschem Tarif beschäftigt werden muss. Wobei derartige Ausflaggung oftmals nicht nur für die Besatzungen böse Folgen hat, häufig gelten auch niedrigere Standards für Schiff und Ladung, was die Billigflaggen-Schiffe zudem zum Sicherheits- und Umweltrisiko werden lässt. Nicht nur die Seeleute-Gewerkschaften, auch Meeresumweltschützer – nicht zuletzt die WATERKANT – hatten damals vehement gegen das Zweitregister protestiert.
Zentrale Forderung der Petition von Rolf Geffken ist ein Ausflaggungsverbot. Das ist kein Nationalismus: Schon immer wurden auf Schiffen unter deutscher Flagge auch ausländische Seeleute beschäftigt – aber eben zu hiesigen Tarifen und Standards, also meist weit besser als bei sich zuhause. Und auch dies ist wichtig: Ein ausgeflaggtes Schiff eines deutschen Reeders muss nicht zwingend je einen Hafen seines neuen Flaggenstaats anlaufen – viele Billigflaggen-Staaten etwa der Dritten Welt verhökern die Verwaltung ihrer Flaggenregister an Anwaltskanzleien in Industrienationen. „Flaggenführung“ ist ein lukratives internationales Geschäft – und die Seeleute sind die Leidtragenden.
Eigentlich hatten die hoch subventionierten deutschen Reeder dem spendablen Staat als Gegenleistung für die Steuergeschenke massive Rückflaggungen zugesagt – tatsächlich aber haben sie das Gegenteil vollzogen. Geffken und mehr als 2000 Unterstützer bezeichnen daher diese bisherige Subventionspolitik als gescheitert. Junge Menschen verzichteten angesichts der Perspektivlosigkeit auf maritime Ausbildung, notwendiges seemännisches Knowhow gehe verloren, heißt es in der Petitions-Begründung: „Grundlegende Veränderungen“ seien notwendig, sonst werde es bald keine deutsche Seeschifffahrt mehr geben.