US-Docker zeigen sich entschlossen

Ein groß­flä­chi­ger Hafen­ar­bei­ter­streik in den Ter­mi­nals der US-Ostküste und am Golf von Mexi­ko wird immer wahr­schein­li­cher: Die Gewerk­schaft Inter­na­tio­nal Longshoremen’s Asso­cia­ti­on (ILA) geht in ihren jüngs­ten Mit­tei­lun­gen davon aus, dass der für Anfang Okto­ber unbe­fris­tet geplan­te Aus­stand nicht zu ver­mei­den sein wird. 

Nach Anga­ben der ILA soll der Streik Anfang Okto­ber begin­nen: „Zehn­tau­sen­de von Hafen­ar­bei­tern … in den Häfen von Maine bis Texas“ sei­en nach anhal­tend erfolg­lo­sen Gesprä­chen mit den in der United Sta­tes Mari­ti­me Alli­ance (USMX) orga­ni­sier­ten Hafen­be­trei­bern ent­schlos­sen, „für Löh­ne zu strei­ken, die den Mil­li­ar­den­pro­fi­ten der Ree­de­rei­en ent­spre­chen“. Dar­über hin­aus geht es, wie berich­tet, um Schutz der Beschäf­tig­ten vor den Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung an den Ter­mi­nals. „Ein schla­fen­der Rie­se ist bereit … zu brül­len“, zitiert die ILA die wie­der ein­mal mar­ki­gen Wor­te ihres Vor­sit­zen­den Harold J. Daggett.
Die ILA, das ist für hie­si­ge Ver­hält­nis­se unge­wöhn­lich und muss erklärt wer­den, ist staa­ten­über­grei­fend im Osten sowohl der USA als auch Kana­das aktiv und orga­ni­siert Hafen­ar­bei­ter von Que­bec bis Texas. An der West­küs­te der USA und Kana­das ist gleich­falls grenz­über­schrei­tend die Inter­na­tio­nal Long­shore and Warehouse Uni­on (ILWU) tätig.


Update 5. Okto­ber 2024:
Schnel­les Streik-Ende?
Der Arbeitskampf von mehr als 45.000 Hafenarbeitern an US-Ost- und Golfküste ist nach drei Tagen überraschend abgebrochen worden:
Einerseits hat die ILA einen sechs Jahre laufenden Lohnabschluss über insgesamt 62 Prozent akzeptiert: Das entspricht einer jährlichen Stundenlohn-Erhöhung um jeweils vier Dollar – gefordert hatte die ILA fünf Dollar, also ein ziemlich beachtlicher Erfolg.
Andererseits wird diese Vereinbarung mit der USMX ausdrücklich als „vorläufig“ bezeichnet, denn die ILA hat den momentan ausgelaufenen Rahmentarifvertrag vorerst nur bis zum 15. Januar 2025 verlängert – in der Zwischenzeit soll über die sonstigen offenen Fragen, insbesondere über die Hafenautomatisierung, weiter verhandelt werden.
Es bleibt also abzuwarten, was das kommende Jahr bringt…

Einer­seits kämpft die ILA in den USA aktu­ell gegen eine mas­si­ve Propaganda-Kampagne der USMX, die mit Medi­en­prä­senz und Wer­be­mit­teln Stim­mung gegen die Hafen­ar­bei­ter macht und dabei ver­sucht, sie in der Öffent­lich­keit als „gie­rig“ dar­zu­stel­len. Ande­rer­seits erfährt die ILA brei­te Unter­stüt­zung nicht nur von der ILWU, son­dern auch aus dem Aus­land. Selbst­ver­ständ­lich haben die bei­den glo­ba­len Dach­or­ga­ni­sa­tio­nen, denen sowohl die ILA als auch die ILWU ange­hö­ren – die Inter­na­tio­na­le Transportarbeiter-Föderation (ITF) und der Inter­na­tio­na­le Hafen­ar­bei­ter­rat (IDC) – längst ihre vol­le Unter­stüt­zung zuge­si­chert. Aber auch natio­na­le Ein­zel­ge­werk­schaf­ten haben sich bereits soli­da­risch erklärt, unter ande­rem die Mari­ti­me Uni­on of Aus­tra­lia (MUA), die Ber­mu­da Indus­tri­al Uni­on (BIU) oder die FNV Havens, größ­te Gewerk­schaft der Hafen­ar­bei­ter in den nie­der­län­di­schen Häfen von Rot­ter­dam, Ams­ter­dam und Zee­land: Deren Ver­tre­ter Niek Stam nann­te es unter ande­rem „eine rich­ti­ge Ent­schei­dung der ILA, jetzt Gren­zen zu set­zen und zu zei­gen, dass die Hafen­ar­bei­ter ihren Anteil an den Gewin­nen ein­for­dern. Das ist Fairness“.

Nach Berech­nun­gen der ILA haben deren Hafen­ar­bei­ter in den ver­gan­ge­nen drei Jahr­zehn­ten Lohn­er­hö­hun­gen von durch­schnitt­lich zwei Pro­zent jähr­lich bekom­men, dar­un­ter meh­re­re Jah­re mit Null­run­den: „Unse­re Mit­glie­der haben Schwie­rig­kei­ten, ihre Hypo­the­ken und Mie­ten, Auto­kre­di­te, Lebens­mit­tel, Strom­rech­nun­gen, Steu­ern und in eini­gen Fäl­len die Aus­bil­dung ihrer Kin­der zu bezah­len.“ Im Unter­schied etwa zu hie­si­gen Dockern bekom­men vie­le Hafen­ar­bei­ter in den USA kei­ne regel­mä­ßi­gen Gehäl­ter, son­dern sind nur auf Abruf beschäf­tigt und wer­den daher ledig­lich ent­lohnt, wenn Schif­fe im Hafen be- und ent­la­den werden.

Das Lon­do­ner Con­sul­ting­bü­ro Dre­wry berich­te­te, dass meh­re­re Ver­la­der bereits vor Wochen begon­nen hät­ten, ihre Fracht von der US-Ostküste an die West­küs­te umzu­lei­ten, um Aus­wir­kun­gen des geplan­ten ILA-Streiks zu ent­ge­hen. Schon jetzt habe etwa im Hafen des kali­for­ni­schen Long Beach das Fracht­auf­kom­men um mehr als 30 Pro­zent zuge­nom­men. Stei­gen­de Fracht­ra­ten zäh­len eben­so zu den erwar­te­ten Fol­gen wie sto­cken­de Im- und Expor­te. Offen ist auch, ob etwa die ILWU oder kana­di­sche ILA-Sektionen umge­lei­te­te Schif­fe in ihren Häfen aus Soli­da­ri­tät blockieren.

 

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WATERKANT-Redaktion