Peinliche Reeder

Es ist beschä­mend: Nach Jahr­zehn­ten radi­ka­ler Aus­flag­gung und dras­ti­schen Abbaus von Bor­d­ar­beits­plät­zen fei­ert der Ver­band Deut­scher Ree­der (VDR) sich der­zeit selbst, weil ein­zel­ne Ree­der auf ein­zel­nen ihrer Schif­fe wie­der Schwarz­rot­gold his­sen. Und noch beschä­men­der ist es, dass vie­le Medi­en das kri­tik­los gutheißen.

Was ist gesche­hen? Am 1. Juni ist die umstrit­te­ne Neu­re­ge­lung in Kraft getre­ten, wonach die Ree­der ihre See­leu­ten zwar mit der Heu­er die Lohn­steu­er in vol­ler Höhe abzie­hen, die­ses Geld aber nicht an den Staat abfüh­ren müs­sen, son­dern ein­be­hal­ten dür­fen. „Kos­ten­ent­las­tung“ nennt das die Bun­des­re­gie­rung, vor allem in Ver­bin­dung mit der in Kür­ze wirk­sam wer­den­den Anpas­sung der Schiffs­be­set­zungs­ver­ord­nung (mehr dazu in unse­rer vori­gen Aus­ga­be, Heft 1 / 2016).

Mit Stich­tag 31. Mai kon­trol­lier­ten die deut­schen Ree­der 2792 Schif­fe, davon aber nur 155 unein­ge­schränkt unter deut­scher Flag­ge, 189 wei­te­re zusätz­lich im so genann­ten Zweit­re­gis­ter, laut ITF eine „Bil­lig­flag­ge“. Nun hat die Ree­de­rei F. Laeisz zum Monats­wech­sel Mai / Juni auf einem ihrer Auto­trans­por­ter das eben­falls als Bil­lig­flag­ge gel­ten­de Tuch von Gibral­tar ein­ho­len und Schwarz­rot­gold his­sen las­sen – das „Ereig­nis“ fand im chi­ne­si­schen Hafen Zhous­han statt und wur­de per Video­schal­te nach Ham­burg über­tra­gen. Pein­li­cher geht‘s kaum noch! Zumal vie­le Medi­en die Sprach­re­ge­lung des VDR völ­lig distanz­los über­neh­men und wie­der­ge­ben: „Sym­bol für eine Trend­wen­de“ heißt es bei­spiels­wei­se im Bre­mer „Weser-Kurier“, das Fach­blatt „Täg­li­cher Hafen­be­richt“ (THB) jubelt über „Rücken­wind für den Schiff­fahrts­stand­ort Deutschland“.

Laeisz kün­dig­te drei, die Ree­de­rei Offen eine unmit­tel­ba­re sowie unver­bind­lich meh­re­re wei­te­re Rück­flag­gun­gen an. Der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Her­bert Beh­rens (Lin­ke) nennt das Gan­ze nur ein „Fei­gen­blatt“ und ver­weist dar­auf, dass bei­spiels­wei­se die Bux­te­hu­der Ree­de­rei NSB bis 2017 ihre letz­ten drei Dut­zend Con­tai­ner­schif­fe aus­zu­flag­gen beabsichtige.

Quel­len: „Weser-Kurier“ und „THB“ vom 31. Mai 2016, Web­sei­te Her­bert Beh­rens (MdB)

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WATERKANT-Redaktion