Einem internationalen Forscherteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel ist es gelungen, in einer Studie mögliche Verbindungen zwischen verschiedenen Tiefsee-Lebensgemeinschaften an voneinander weit entfernten „Schwarzen Rauchern“ (Foto) aufzuzeigen. Laut einer aktuellen GEOMAR-Pressemitteilung vermuten die Forscher, es müssten unentdeckte so genannte Phantom-Habitate existieren oder zumindest existiert haben.
An heißen Quellen in der Tiefsee, so genannten Hydrothermalsystemen, bilden sich hochspezialisierte Lebensgemeinschaften. Diese Systeme liegen aber oft hunderte oder tausende Kilometern voneinander entfernt. Daher rätseln Meeresbiologen schon lange, wie Larven der betreffenden Tierarten von einem Standort zum nächsten gelangen. Die erwähnte Studie hat nun anhand ozeanographischer Modellierung und genetischer Analysen an Muscheln der Gattung Bathymodiolus (Foto) im Bereich des Mittelatlantischen Rückens gezeigt, dass es zwar einen Austausch zwischen den bisher bekannten Muschelpopulationen gibt. Dieser scheint jedoch nicht direkt innerhalb einer Generation zu erfolgen, weil die Muschellarven normalerweise nicht weiter als 150 Kilometer verdriften.
„Im Umkehrschluss heißt das, dass es unentdeckte Hydrothermalquellen oder ähnliche Lebensräume am Mittelatlantischen Rücken geben oder gegeben haben muss, die als eine Art Zwischenstopp dienen und somit die Verbindung der Populationen ermöglichen“, erläutert GEOMAR-Forscher Thorsten Reusch: „Wir bezeichnen diese Habitate als Phantomtrittsteine, da wir nicht wissen, wo sie sind oder wie sie beschaffen sind.“
An Hydrothermalökosystemen kommen spezielle Sulfidablagerungen vor, die als mögliche mineralische Rohstoffquelle für die Zukunft diskutiert werden. „Sollte der Abbau dieser Massivsulfide Realität werden, müssen geeignete Schutzzonen errichtet werden, die die Wanderungsstrecken der hochspezialisierten Bewohner der heißen Quellen berücksichtigen“, fordert GEOMAR-Forscherin Corinna Breusing: „Wir hoffen, dass unsere Studie einen Impuls zu weiteren Forschungen an anderen Organismen und geographischen Regionen gibt, damit ausreichend Informationen gesammelt werden können, um effektive Schutzpläne zu erstellen.“
Mehr siehe hier: GEOMAR-Pressemitteilung vom 28. Juli 2016