Montreals Docker im Tarifstreik (01)

In der ver­gan­ge­nen Woche haben im Hafen von Mont­re­al die Docker einen befris­te­ten Streik begon­nen – zunächst für fünf Tage, übers ers­te August-Wochenende aus­ge­setzt und am gest­ri­gen Mon­tag wie­der auf­ge­nom­men, nun bis zum kom­men­den Frei­tag. Wei­te­re Fort­set­zung ist durch­aus mög­lich, denn es geht um einen Tarif­kampf, der seit gut zwei Jah­ren andau­ert – und bis­lang ist kein Abschluss in Sicht. 

Die Hafen­ar­bei­ter in Mont­re­al sind in zwei Gewerk­schaf­ten orga­ni­siert: die fran­zö­sisch­spra­chi­gen im „Syn­di­cat des Débar­deurs“, der zur Gewerk­schaft des Öffent­li­chen Diens­tes (Syn­di­cat cana­di­en de la fon­c­tion publi­que – SCFP) gehört; die eng­lisch­spra­chi­gen in der „Inter­na­tio­nal Longshoremen’s Asso­cia­ti­on“ (ILA). Letz­te­re, das ist für hie­si­ge Ver­hält­nis­se unge­wöhn­lich, ist staa­ten­über­grei­fend sowohl in den USA der Ame­ri­can Fede­ra­ti­on of Labor – Con­gress of Indus­tri­al Orga­niza­ti­ons (AFL-CIO) als auch dem Cana­di­an Labour Con­gress (CLC) ange­schlos­sen und orga­ni­siert Hafen­ar­bei­ter von Que­bec bis Flo­ri­da, wäh­rend an der West­küs­te der USA und Kana­das die Inter­na­tio­nal Long­shore and Warehouse Uni­on (ILWU) tätig ist. Ergän­zend sei erwähnt, dass alle unter dem Dach der glo­ba­len ITF, der Inter­na­tio­na­len Trans­port­ar­bei­ter Föde­ra­ti­on, arbeiten.

Ende 2018 ist der Tarif­ver­trag der Docker aus­ge­lau­fen, ohne dass bis heu­te ein Nach­fol­ge­ab­kom­men zustan­de gekom­men wäre. Die Gewerk­schaf­ten ver­han­deln unter Ver­mitt­lung eines von der Regie­rung ernann­ten Media­tors mit den Arbeit­ge­bern der Mari­ti­me Employ­ers Asso­cia­ti­on (MEA) – die Ver­mitt­lung wur­de not­wen­dig, weil die MEA früh­zei­tig auf Kon­fron­ta­ti­on gegan­gen ist: Im Herbst 2018 hat­ten die Arbeit­ge­ber beim regie­rungs­amt­li­chen Cana­da Indus­tri­al Rela­ti­ons Board (CIRB) bean­tragt, alle Longshore-Aktivitäten als „wesent­li­che Dienst­leis­tun­gen“ aus­zu­wei­sen, Hafen­ar­beit sozu­sa­gen als „sys­tem­re­le­vant“ ein­zu­stu­fen – nach kana­di­schem Recht hät­te das Streik­maß­nah­men erheb­lich erschwert, wenn nicht gar unter­bun­den. Pech für die MEA: Die Behör­de gab dem Antrag nicht statt, son­dern folg­te einem Gewerk­schafts­an­ge­bot, das ledig­lich Lösch- und Lade­ar­bei­ten für Lie­fe­run­gen von und nach Neu­fund­land und Labra­dor sowie für Getrei­de­schif­fe als „wesent­lich“ ein­stuf­te und damit die Erle­di­gung auch wäh­rend eines Streiks garan­tier­te. Es liegt auf der Hand, dass der dama­li­ge MEA-Antrag die Ver­hand­lun­gen nicht gera­de ver­ein­facht hat – die Gewerk­schaf­ten unter­stel­len den Arbeit­ge­bern wohl nicht ganz zu Unrecht, sie am liebs­ten kalt stel­len und ver­nich­ten zu wol­len. Die aktu­el­le Beob­ach­tung, dass MEA-Firmen lei­ten­de Ange­stell­te als Streik­bre­cher ein­set­zen, heizt den Kon­flikt zusätz­lich an.

Es geht vor allem um Arbeits­zei­ten: Die Docker in Mont­re­al arbei­ten bis­her nach einem Plan, der nach jeweils 19 Tagen zwei Ruhe­ta­ge vor­sieht. Nor­ma­ler­wei­se sind die 19 Tage nicht nur akti­ver Ein­satz, son­dern auch bezahl­te Ruf­be­reit­schaft – nur ist die­se Abfol­ge wegen star­ker Hafen­ak­ti­vi­tä­ten aus dem Takt gera­ten: Der Gesamt­um­schlag aller Häfen von Mont­re­al ist von 25,224 Mil­lio­nen Ton­nen im Jah­re 2010 auf 40,590 Mil­lio­nen Ton­nen in 2019 gestie­gen, nen­nens­wer­te Neu­ein­stel­lun­gen wer­den aber nicht berich­tet. Die Gewerk­schaf­ten bekla­gen infol­ge­des­sen Über­mü­dung und Über­las­tung der Docker, was übri­gens auch in den Streit der ITF um das Laschen durch Hafen­ar­bei­ter hin­ein­spielt: Wenn Docker – war­um auch immer – nicht ver­füg­bar sind, müs­sen ja, wie die Ree­der es wün­schen, See­leu­te die­se Arbeit über­neh­men. Erst im Mai hat­te sich Mont­re­als ILA einem Pro­test der ITF ange­schlos­sen, als auf einem Maersk-Schiff auf dem St.-Lorenz-Strom ein Mann beim Laschen unter Über­mü­dung töd­lich verunglückte.

Schon in der ers­ten Streik­wo­che Ende Juli haben sich übri­gens die eben­falls in der ILA orga­ni­sier­ten „Che­cker“ – ver­ant­wort­lich für alle Kon­trol­len von Stau­ar­bei­ten auf Schif­fen und den Ter­mi­nals – dem Arbeits­kampf ihrer Kol­le­gen ange­schlos­sen, zunächst tageweise…

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WATERKANT-Redaktion