Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) des Bundes hat vor zwei Tagen den im Herbst 2016 gerichtlich gestoppten Plan für die Weservertiefung formell aufgehoben – und zugleich ein neues Verfahren angekündigt. Es geht also wieder los, das Gezänk um unnötige und riskante Ausbaggerung, denn Widerstand ist so gut wie sicher.
Knapp zehn Jahre ist es her, dass jener Planfeststellungsbeschluss (PFB) verkündet wurde, den das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig dann vor knapp fünf Jahren den Planern um die Ohren haute: Er sei „rechtswidrig und nicht vollziehbar“, so das Urteil. Das Bundesland Bremen hatte beantragt, die Außenweser von der Nordsee bis Bremerhaven ausbaggern zu dürfen, um die damals rasant wachsenden – im Vergleich zu heute aber nur noch mittelgroßen – Containerschiffe abfertigen zu können. Da die Bremer wegen der Grenzziehung im Wesermündungsbereich hierfür die Zustimmung der niedersächsischen Nachbarn brauchten, nutzten diese ihre Chance und beantragten auch gleich die Vertiefung der Unterweser zwischen Bremerhaven und Brake, um den dortigen – seit Jahren hochsubventionierten, aber kaum wachsenden – Hafen zu begünstigen. Worauf die Bremer das Paket ihrerseits ergänzten und auch die Ausbaggerung eines dritten Abschnitts zwischen Brake und Bremen forderten.
Schon vor dem PFB von 2011 hatte es jahrelange Auseinandersetzungen gegeben, mehr als 1000 Einwendungen von Umweltschützern, Flussanliegern, Landwirten, Firmen und Verbänden hatte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest (WSD) in Aurich, Vorläuferin der heutigen GDWS, mehr oder weniger kategorisch zurückgewiesen. Die Folge war eine ganze Reihe von Klagen gegen den PFB, zwischenzeitlich landete das Verfahren sogar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der formulierte scharfe Kritik, die das BVerwG maßgeblich übernahm. Zum einen wurden Verstöße gegen europäisches Umweltrecht festgestellt, zum anderen aber die Nichtvollziehbarkeit des PFB vor allem verfahrensrechtlich begründet: Die Planer hätten die gesamte Maßnahme in einen Beschluss gepackt – statt drei getrennte Planverfahren daraus zu machen. Denn die vorgesehenen Arbeiten zielten jeweils auf unterschiedliche Tiefgänge und Schiffsgrößen und beträfen in ihren ökologischen Parametern unterschiedliche Flussabschnitte; das müsse explizit berücksichtigt werden.
Zugleich bestätigte das BVerwG aber leider auch die wirtschaftspolitischen Behauptungen und Gutachterprognosen des PFB, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Vor allem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte in seiner Klage nicht nur ökologische Beanstandungen geltend gemacht, sondern auch erhebliche Zweifel an den ökonomischen Begründungen geäußert. Indem das BVerwG diese Einwände ignorierte, wurden derart strittige Details des PFB zu Bestandteilen eines rechtskräftigen Urteils – und machten so den Weg frei für den jetzt begonnenen neuen Versuch, die Vertiefung gegen anhaltende Widerstände in der Region durchzusetzen.
Die GDWS hat nun mit der formellen Aufhebung des damaligen PFB ein neues Planverfahren in Angriff genommen – genauer gesagt: zwei neue Planverfahren, eines für die Außenweser und eines für die Unterweser zwischen Bremerhaven und Brake, auf den dritten ursprünglich geplanten Abschnitt Brake-Bremen wird vorerst verzichtet. Diese Verfahren werden anders ablaufen als das vorherige, denn im Frühjahr 2020 ist bekanntlich die von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) entworfene Neuregelung mit dem unwortreifen Namen „Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz“ (MgvG) in Kraft getreten: Die GDWS wird eine Planung unter gewohnter Öffentlichkeitsbeteiligung erstellen, die dann aber nicht in neue PFB mündet, sondern nur in einen Abschlussbericht, über den der Bundestag zu entscheiden haben wird. Indem das Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, bekommt die Planungsbehörde das Recht zur Durchführung der Flussvertiefungen – laut Scheuer‘schem Plan ohne die Möglichkeit, dagegen erneut zu klagen.
Das allerdings sieht der BUND anders: In einer ersten Stellungnahme wiederholte dessen Bremer Landesgeschäftsführer Martin Rode nicht nur die Kritik an den Vertiefungen an sich, sondern kündigte auch juristischen Widerstand an. Das MgvG sei „nur ersonnen worden, um die gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten von Großprojekten auszuhebeln“. Das verletze geltende EU-Standards für Beteiligungsrechte und fordere „eine juristische Überprüfung heraus“, so Rode.