Nun doch: LNG für Wilhelmshaven

In Wil­helms­ha­ven hat heu­te die seit lan­gem umstrit­te­ne LNG-Zukunft begon­nen: Mit einem von hoch­ran­gi­gen Bundes- und Lan­des­po­li­ti­kern pres­se­wirk­sam ver­folg­ten ers­ten Ramm­schlag wur­de der Bau eines Lie­ge­plat­zes für schwim­men­de LNG-Terminals am Vos­lap­per Gro­den begon­nen. Die Deut­sche Umwelt­hil­fe (DUH) hat Wider­spruch gegen das Vor­ha­ben eingelegt. 

Inner­halb weni­ger Mona­te sol­len nörd­lich des Tief­was­ser­ha­fens Jade­We­ser­Port (JWP) so genann­te Floa­ting Sto­rage and Rega­si­fi­ca­ti­on Units (FSRU) als schwim­men­de LNG-Terminal abge­fer­tigt wer­den kön­nen. Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grü­ne) hat zeit­gleich Ver­trä­ge unter­schrie­ben, mit denen zunächst vier FSRUs von den Ree­de­rei­en Höegh und Dyna­gas gechar­tert wer­den. Es heißt, der Bund müs­se für die Schif­fe fast drei Mil­li­ar­den Euro aus­ge­ben – es wird bis­lang aber nicht spe­zi­fi­ziert, wie die­se Kos­ten denn spä­ter abge­tra­gen oder ver­rech­net wer­den: Steu­er­ge­schen­ke an die Lie­fe­ran­ten und Betrei­ber? Umla­ge auf alle Gas­kun­den und falls ja, mit wel­chen kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen auf die Verbraucherpreise?

Die Kos­ten für die Vos­lap­per Bau­maß­nah­men belau­fen sich nach Anga­ben des nie­der­säch­si­schen Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums auf rund 40 Mil­lio­nen Euro (plus fünf Mil­lio­nen Pla­nungs­kos­ten). Aller­dings ist auch deren Finan­zie­rung noch nicht abschlie­ßend geklärt: Laut NDR hat die Stadt Wil­helms­ha­ven vom Bund 40 Mil­lio­nen För­de­rung erhal­ten, mit denen die Fol­gen des Koh­le­aus­stiegs in der Stadt abge­mil­dert wer­den soll­ten. Nun, so der Sen­der, ver­lan­ge das Lan­des­mi­nis­te­ri­um für Regio­na­le Ent­wick­lung von der Stadt aber, die­se Mil­lio­nen zunächst in den Bau des LNG-Terminals zu ste­cken – also För­der­gel­der für einen ande­ren als den gedach­ten Zweck zu ver­wen­den. „Ein Vor­ge­hen, das recht­lich zumin­dest umstrit­ten ist“, schreibt der NDR auf sei­ner Webseite.

Bag­gern unter Zeitdruck

Der Anle­ger für die FSRUs wird rund 370 Meter in den Jade­bu­sen hin­ein rei­chen, dafür müs­sen 150 Stahl­pfäh­le mit einer Län­ge von je 50 Metern in den Mee­res­bo­den gerammt wer­den. Es müs­sen Platt­for­men, Fender- und Fest­ma­cherd­al­ben instal­liert wer­den, dar­über hin­aus muss für die Lie­ge­wan­ne vor dem Ter­mi­nal sowie zur Errei­chung der erfor­der­li­chen Was­ser­tie­fen in der Zufahrt kräf­tig gebag­gert wer­den. Zustän­dig für die­se Arbei­ten ist die lan­des­ei­ge­ne Gesell­schaft Nie­der­sach­sen Ports (NPorts), die benö­tig­te Supra­struk­tur der Umschlag­an­la­gen wie Lei­tun­gen und Roh­re sowie deren Ver­bin­dung mit dem Gas­fern­lei­tungs­netz ist Sache der Betrei­ber­fir­men. Aber auch hier feh­len bis­lang kla­re Anga­ben zur Kos­ten­ver­tei­lung oder -erstattung.

Nie­der­sach­sens Wirt­schafts­mi­nis­ter Bernd Alt­hus­mann (CDU) betont recht­fer­ti­gend den „gro­ßen Zeit­druck“, unter dem das Vor­ha­ben ste­he, das Land kön­ne „die­se gesamt­staat­li­che Auf­ga­be mit natio­na­ler Trag­wei­te“ aber nicht allein bewäl­ti­gen: „Es besteht ein ‚über­ra­gen­des öffent­li­ches Inter­es­se‘ und ein ‚Inter­es­se der öffent­li­chen Sicher­heit‘ an der schnellst­mög­li­chen Ver­wirk­li­chung von LNG-Anlagen und die Schaf­fung der erfor­der­li­chen Infra­struk­tur und Hafenanlagen.“

Unver­ein­bar mit Klimazielen“

Die DUH hin­ge­gen for­dert den sofor­ti­gen Stopp der Bau­ar­bei­ten, weil ande­ren­falls „sen­si­ble Öko­sys­te­me unum­kehr­bar zer­stört sowie der Lebens­raum des bedroh­ten Schweins­wals gefähr­det“ wür­den. Der Ver­band bezwei­felt zudem den Bedarf und kri­ti­siert, die Bun­des­re­gie­rung trei­be die Plä­ne zur Errich­tung meh­re­rer LNG-Terminals ent­lang der deut­schen Küs­te „wei­ter mit gro­ßer Hast vor­an“. Begrün­det wer­de dies mit der Not­wen­dig­keit, sich wegen des Ukraine-Kriegs unab­hän­gig von rus­si­schem Erd­gas zu machen. Trotz mona­te­lan­gen Drän­gens sei­tens der DUH sei aber bis heu­te nicht nach­ge­wie­sen wor­den, „dass die geplan­ten Ter­mi­nals unter Berück­sich­ti­gung der schon vor­han­de­nen Mög­lich­kei­ten zur Ener­gie­ein­spa­rung und zum Bezug von Erd­gas auch wirk­lich not­wen­dig“ sei­en. Das geplan­te LNG-Beschleunigungsgesetz, das auch das Wil­helms­ha­ve­ner Vor­ha­ben unter Ein­schrän­kung der Ver­bän­de­be­tei­li­gung oder der Umwelt­ver­träg­lich­keits­prü­fung vor­an­trei­ben soll, sehe ins­ge­samt bis zu elf Anla­gen vor, die bis Ende 2043 für den Import fos­si­len Gases geneh­migt wer­den soll­ten. Das, so der Ver­band wei­ter, sei „unver­ein­bar mit der gesetz­lich ver­an­ker­ten Kli­ma­neu­tra­li­tät 2045“. Und: „Die Rega­si­fi­zie­rungs­ka­pa­zi­tä­ten der Ter­mi­nals wür­den mit min­des­tens 70 Mil­li­ar­den Kubik­me­tern pro Jahr nicht bloß einen Teil des rus­si­schen Erd­ga­ses erset­zen – sie wür­den die rus­si­schen Lie­fe­run­gen selbst in Frie­dens­zei­ten sogar noch erheb­lich übertreffen.“

 

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WATERKANT-Redaktion